Streit im Rathaus Ärger um Jugendamt in Kempen: Mitarbeiter schreiben Brief an Bürgermeister

Kempen · 17 Kolleginnen und Kollegen aus dem Jugendamt in Kempen haben einen Brief unterzeichnet, der Zündstoff birgt. Der Bürgermeister wird zum Handeln aufgefordert.

 Hinter den Mauern des Rathauses dürfte die Stimmung derzeit nicht gut sein.

Hinter den Mauern des Rathauses dürfte die Stimmung derzeit nicht gut sein.

Foto: WZ/Klingen

Dass Bürgermeister Volker Rübo (CDU) einen Brief bekommt, dürfte täglich passieren. Nun hat er aber Post bekommen, bei der es sich wohl um einen einmaligen Vorgang handelt. In einem Schreiben an den Bürgermeister beziehen Mitarbeiter des Sachgebietes „Frühe Förderung“ (Kita-Planung etc.) Stellung zur derzeitigen Situation im Jugendamt und solidarisieren sich mit dem Dezernenten Michael Klee, der aus der Politik  – zuletzt in einem CDU-Pressegespräch – massiv kritisiert worden ist.

„Mit Bestürzung haben wir Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jugendamtes, respektive des Sachgebietes Frühe Förderung, die Presseberichterstattung in den zurückliegenden Tagen wahrgenommen“, steht in dem Schreiben, das von 17 der aktuell 34 Mitarbeiter des Jugendamtes unterschrieben worden ist. „Unser Dezernent“, so heißt es weiter, werde zu Unrecht hinsichtlich der Themen das Jugendamt betreffend kritisiert und zur Verantwortung gezogen. Zuletzt gab es Schlagzeilen, weil mehrere Leitungsfunktionen im Jugendamt nicht besetzt sind. Und auch, weil derzeit 69 Kempener Eltern ohne einen Betreuungsplatz für ihre Kinder dastehen. Dass die Arbeitsweise des Jugendamts dadurch eine negative Außenwirkung erlebe, wollen die 17 Mitarbeiter so nicht stehen lassen.

Mangelnde Besetzung des Amtes sei kaum noch aufzufangen

„Die aktuelle mangelnde Besetzung wichtiger Positionen im Amt ist kaum aufzufangen, dennoch haben wir gemeinsam mit Herrn Klee ein funktionierendes System der Kommunikation und Zusammenarbeit entwickelt und umgesetzt“, heißt es weiter in dem Schreiben. Dadurch sei eine Bearbeitung der wichtigsten Aufgaben, besonders des Sachgebietes Frühe Förderung, möglich. „Dies gelingt nur, weil Herr Klee uns vollstes Vertrauen entgegenbringt, dass wir die Arbeitsprozesse gut einschätzen, steuern und abarbeiten.“

Deutliche Kritik an Kollegen
aus anderen Fachämtern

Mit Blick auf andere Fachämter erleben einige Mitarbeiter des Jugendamtes nach eigenen Angaben eine „unbefriedigende Kooperation, die partiell in eine massiv erlebte Lähmung unserer notwendigen Arbeitsprozesse und eine Abwertung von notwendigem Zusammenarbeiten gipfelt“. Deutlich zeige sich dies in Themen wie dem „Ausbau der Kindergartenplätze, anfallende Arbeiten in den Kindertageseinrichtungen oder Personalgewinnung“. Auch wenn die Ämter in dem Brief nicht genannt werden, ist dies zumindest eine Kritik in Richtung Bau- und Personaldezernat, die von den Beigeordneten Marcus Beyer und Hans Ferber geführt werden. „Tatsächliche Hintergründe erschließen sich für uns nicht an allen Stellen“, heißt es im Brief aus dem Jugendamt.

In Gesprächen mit den Kollegen aus anderen Fachämtern habe man an verschiedenen Stellen im operativen Bereich schon Verbesserungen erreicht. „Dennoch entstehen weiterhin Situationen, in denen die notwendigen Kooperationen nicht umgesetzt werden und für Mitarbeiter des Jugendamtes Themen auf der Strecke bleiben, an denen sie intern wie extern und vor allem in den Medien gemessen und deutlich kritisiert werden“, so der Wortlaut des Briefes.

Im Brief an den Bürgermeister wird ferner eine „wertschätzende Zusammenarbeit mit anderen Fachämtern“ eingefordert. Es solle um die Sache gehen, „unabhängig von Befindlichkeiten einzelner“. Erwünscht sei vielmehr eine „gemeinsame verantwortungsübernehmende Haltung gegenüber den Medien“. „Wir wünschen uns daher ein Handeln durch Sie als Bürgermeister“, wird Rübo direkt im Brief angesprochen – verbunden mit der Bitte, in Gespräche einzutreten.

Zum Schluss des Briefes gibt es dann eine deutliche Solidaritätsbekundung mit dem Beigeordneten für Soziales, Jugend, Schule und Sport: „Dass Herr Klee ,in persona’ derart in den Medien kritisiert wird, halten wir für fachlich und menschlich nicht tragbar und möchten auf diesem Weg deutlich unsere Solidarität mit unserem Dezernenten ausdrücken.“

Bürgermeister Rübo bestätigte der WZ am Mittwoch Eingang und Inhalt des Schreibens. Er werde die von den Mitarbeitern geäußerten Sorgen ernst nehmen und das Gespräch suchen. „Wir müssen gemeinsam Lösungen finden und die Abläufe verbessern“, so Rübo. Zur Kritik am Dezernenten Klee wollte sich der Bürgermeister nicht im Detail äußern. Dass diese aber zum Teil die sachliche Ebene verlassen habe, sei nicht in Ordnung.

CDU, FDP und Die Linke werden Klee nicht wiederwählen

Unterdessen bestätigen mehrere Quellen der WZ, dass die Fraktionen von CDU, FDP und Die Linke Michael Klee schon am 12. März intern mitgeteilt haben, dass sie ihn im März 2020 nicht wiederwählen werden. Somit dürfte klar sein, dass der Beigeordnete in Kempen keine Zukunft mehr hat. Wenige Tage später übten Vertreter der CDU-Fraktion dann in einem Pressegespräch öffentliche Kritik am Dezernenten. „Wir sehen seine Tätigkeit rückblickend kritisch. Er hat viele Erwartungen geweckt, die niemals erfüllt werden konnten“, sagte Fraktionschef Wilfried Bogedain am 19. März.

Auch Linken-Fraktionsvorsitzender Günter Solecki übt öffentlich Kritik an Klee. So in einer Diskussion mit seiner Ratskollegin Monika Schütz-Madré (Grüne) bei Facebook. „(...), der Dezernent dirigiert ein ganzes Amt. Und er muss, das ist halt so, bei Kritik und Druck aus der Elternschaft seinen Kopf dafür hinhalten“, schreibt Solecki in einer Debatte rund um die fehlenden Kita-Plätze. „Er ist der Chef. Er bekommt dafür ein super Gehalt von A16. Das sind ohne Zulagen und ohne seinen Familienstatus zu kennen, mindestens 7000 Euro pro Monat! Damit ist dann auch Schmerzensgeld für Bürgerschelte bezahlt. (...)“.