Kinder-Betreuung: Stadt Kempen muss wieder improvisieren
Der Plan für eine Tagespflege in der Hubertus-Schule ist gestorben. Im Jugenddezernat werden die Baustellen immer größer.
Kempen. Die Umstrukturierungen in der Kempener Kita- und Tagespflege-Landschaft laufen. Aber sie laufen alles andere als rund. Daraus macht Dezernent Michael Klee im Gespräch mit der WZ keinen Hehl. Es gebe immer wieder Schwierigkeiten, die Mitarbeiter des Jugendamtes müssten häufig umplanen. „Aber das Kita-Jahr 2018/19 ist weiterhin gesichert“, macht Klee deutlich.
Damit in Kempen, St. Hubert und Tönisberg alle Eltern, die einen Betreuungsplatz wollen, auch einen bekommen, müssen in erster Linie drei Projekte umgesetzt werden. Bei zweien davon sieht es laut Klee gut aus. „Der Ausbau der Kita Spatzennest am Eibenweg hat begonnen. Das wird bis August klappen“, so Klee. Wie berichtet, entsteht dort eine sechste Gruppe.
Ebenfalls zuversichtlich ist der Beigeordnete mit Blick auf die Tönisberger Grundschule, wo die Stadt künftig Räumlichkeiten für eine Kita-Gruppe nutzen will. Dort arbeite man mit dem Bauamt noch an der notwendigen Nutzungsänderung. Das sollte aber bis zum Sommer ebenso klappen, hofft Klee.
Michael Klee, Dezernent, über die vielen baurechtlichen Auflagen an der Johannes-Hubertus-Schule
Völlig neue Pläne musste das Jugendamt allerdings in St.Hubert auf die Beine stellen. „Die geplante Großtagespflege in der ehemaligen Johannes-Hubertus-Schule wird nicht kommen“, sagt Klee. Um einige Räume der früheren Förderschule in eine Tagespflege für 18 Kinder unter drei Jahren (U3) umzubauen, seien die Brandschutzauflagen zu hoch. Dadurch laufe die Finanzkalkulation aus dem Ruder. Die Stadt würde weit über den eingeplanten 100 000 Euro landen, so Michael Klee. Zudem sei durch die aufwendigen Planungen schon viel zu viel Zeit verronnen.
Dass das Thema Brandschutz und Fragen der Gemeindeunfallversicherung (GUV) die Mitarbeiter des Jugendamtes „erheblich frustrieren“, hebt Klee gegenüber der WZ hervor: „Die Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft, möglichst schnell so viele Betreuungsplätze wie möglich zu schaffen, passen nicht zu den viel zu hohen Anforderungen im technischen Bereich.“ Es müssten Dinge bedacht werden, an die Klee im Traum nicht gedacht hätte. „Es wurde sogar über den Einbau von Dunstabzugshauben in Wickelräumen gesprochen“, sagt Michael Klee.
Der Kempener Sozial- und Jugenddezernent will seine Ausführungen keinesfalls als Kritik an der eigenen Bauaufsicht verstehen. „Ich kann nicht beurteilen, ob die Kollegen in Kempen die Richtlinien besonders streng auslegen. Fakt ist, dass alle Kommunen unter diesen Einschränkungen leiden“, so Klee. Es sollte bald der Tag kommen, an dem Kommunalpolitik und -verwaltung in diesem Zusammenhang „deutlich mehr“ Druck in Düsseldorf und Berlin machen müssen.
Das Projekt Hubertus-Schule ist also gestorben. Jetzt muss improvisiert werden — mal wieder. „Unser Plan ist nun, dass wir neben der Kita Bärenstark an der Bendenstraße gemietete Pavillons errichten, um dort die beiden Großtagespflegen mit jeweils neun Plätzen einzurichten“, sagt der Beigeordnete. Genutzt werden soll dafür ein Teil der Schotterfläche neben der Kita und dem großen Spielplatz.
Klee geht davon aus, dass die vier Tagesmütter, die für die Hubertus-Schule ihre Zusage gegeben haben, diese auch für die Pavillons aufrechterhalten. Die Nähe zur Kita und zur schönen Spiellandschaft seien gute Argumente für den Standort. Geplant sei dieses Provisorium für drei Jahre. „Mehr darf es auch nicht werden“, sagt Klee. Fehlt noch die Zustimmung der Politik im nächsten Jugendhilfeausschuss.
Michael Klee ist weiterhin davon überzeugt, dass die Stadt Kempen kurzfristig die Löcher in der Betreuung stopfen kann. Beim Blick in die Zukunft werden aber noch größere Anstrengungen nötig. Denn die Lücken werden größer, weil die Betreuungsquote im Bereich der Kinder über drei Jahren schon fast bei 100 Prozent liege und im U3-Bereich weiter ansteige. Während das Land den Kommunen vor einigen Jahren noch eine 35-Prozent-Quote (U3) ins Aufgabenbuch geschrieben hatte, liege diese nun schon bei 50 Prozent. „Ich gehe davon aus, dass wir bald zwischen 70 und 80 Prozent sein werden“, sagt Michael Klee.
Die Rechnung des Jugendamtes: Geht man von einer 50-Prozent-Quote aus, werden der Stadt 2019/20 fünf Kita-Gruppen fehlen. Das entspricht etwa 100 Plätzen. Bei einer durchaus realistischen 60-Prozent-Quote wäre man schon bei zehn Gruppen (zirka 200 Kinder).
Nach dem Sommer werden Jugend- und Baudezernat deshalb eine konkrete Bestandaufnahme machen und möglichst zügig Ideen entwickeln, so Klee. „Welche Einrichtungen brauchen wir? Und vor allem: Wo können wir überhaupt bauen?“ Solche Fragen müssten geklärt werden. Für Klee steht schon jetzt fest, dass im geplanten Baugebiet „Kempener Westen“ eine neue Kita entstehen muss. Dies dauere aber noch viel zu lange, um die Probleme der nächsten beiden Jahre zu lösen.
Und dann gibt es neben den baulichen Aspekten ja noch das Thema Personal. „Alle Kommunen suchen händeringend“, sagt Klee. Das mache die Neueinstellungen im Erziehungsbereich nicht einfach. In Krefeld sei die Stadt beispielsweise dazu übergegangen, unbefristete Stellen auszuschreiben. Dieses im pädagogischen Bereich bislang ungewöhnliche Vorgehen sollte auch für Kempen eine Überlegung sein, findet Klee.
Die jüngst geschaffenen zusätzlichen zehn Stellen im Kita-Bereich sollten im Sommer besetzt sein, sagt Klee. Im Bereich der Tagespflege seien Frauen und Männer aber weiterhin aufgerufen, sich zu bewerben. Gerade der Bereich der Tagespflege werde eine immer wichtigere Säule der Betreuung. Kontakt: Tel. 02152/ 917 303 (Kempen) 02152/ 917 347 (St. Hubert/Tönisberg).