Selbst Luther spielte gerne Laute

Nachtmusik bot musikalische Reise in die Zeit des Reformators.

Foto: Reimann

Kempen. Die Konzertreihe der Nachtmusik in der Paterskirche begann für den Veranstalter mit einem Problem: Der vorgesehene Sänger Franz Vitzthum meldete sich zwei Tage vor Konzertbeginn krank ab. Doch er konnte mit dem Tenor David Munderloh einen Ersatzmann liefern, der im Programm „Eine Nacht mit Martin Luther — Da pacem“ mühelos den Gesangspart übernehmen konnte. So fehlten an dem späten Abend nur die besonderen Klangnuancen der Stimme eines Countertenors.

Auch die Zusammensetzung des Ensembles stellte den Experten in Sachen Alter Musik vor keine unüberwindbaren Hürden: Julian Behr, sein Begleiter an der Renaissancelaute, gehört nicht minder zu den etablierten Größen der Szene. Ute Gremmel-Geuchen an der König-Orgel komplettierte das Trio.

Mit Kompositionen aus dem 16. Jahrhundert ließen sie die Zeit Martin Luthers erklingen. Behr erklärte bei seinem „Blick in die gute Stube Luthers“, dass der Reformator selbst mit der Laute in der Hand im Familienkreis abgebildet wurde und dass es damals weit verbreitet war, dieses Saiteninstrument zu spielen.

Es sind leise Klänge, die die volle Konzentration des Publikums verlangen, das es sich nicht vor der Bühne im Kirchenschiff mit den selber mitgebrachten Sitzgelegenheiten gemütlich gemacht hat. Doch die gute Akustik trägt das zarte Spiel und den Gesang des Solisten weit in den Raum. Kleine Werke von Luther und einigen seiner Zeitgenossen, wie Hans Newsidler (1508/9-1562), Ludwig Senfl (1489/90-1543) oder Josquin Despres (1450/55-1521), erklingen in den unterschiedlichen Kombinationen zwischen Gesang, Laute und Orgel.

Textlich kann man wenig über Luther und seine Zeit erfahren, es sei denn man ist der lateinischen Sprache mächtig. Doch das Eintauchen in die Klangwelt jener Zeit ist Erlebnis genug. Nicht nur fromme Werke stehen auf dem Programm, es gibt auch Heiteres, wie einen „Gassenhawer“ und einen „Nunnentanz“ für Laute solo von Newsidler.

Als Kontrast und Brückenschlag in unsere Zeit bietet die Organistin eine Uraufführung. Es ist eine Auftragskomposition für König-Orgel in der Paterskirche e.V. mit Unterstützung durch die Sparkassenstiftung Natur und Kultur Kreis Viersen. Thomas Blomenkamp (*1955) hat mit seinem Werk „Da pacem — Metamorphosen des Lutherlieds ,Verleih uns Frieden’ für Orgel’“ (2017), Variationen geschaffen, die ein breites Spektrum abdecken. Er greift die musikalischen Linien des 16. Jahrhunderts auf, ermöglicht Meditation zu seiner Musik und bringt unverkennbare moderne Klänge und Dissonanzen hinein, die jedoch den vorgegebenen historischen Rahmen nicht sprengen.

Das Konzert unter dem Motto „Da pacem“ (Gib Frieden) endet natürlich mit einer kleinen Komposition von Luther - „Verleih uns Frieden gnädiglich“ singt der Tenor solo. Ein langer Applaus folgt.

Das Konzert wurde vom WDR aufgenommen und wird am 30. Oktober ab 20.04 Uhr in WDR 3 gesendet.