Serie - Vor 415 Jahren Als der Adel in Kempen Hochzeit hielt
Kempen/Nettetal. · 1604 heiratete Arnold von Wachtendonk die Erbin von Schloss Krickenbeck auf der Kempener Burg.
Ein „runder“ Jahrestag, auf den in dieser Serie in der Regel Wert gelegt wird, ist es nicht gerade, dennoch ist es wert, auf das, was sich im Herbst des Jahres 1604, vor 415 Jahren, auf der Kempener Burg zutrug, einen Blick zu werfen. Denn die Heirat des Kempener Amtmannes Arnold von Wachtendonk und der Krickenbeck-Erbin Anna Salome von Holthausen ist gut dokumentiert und war ein familienpolitisch und kulturgeschichtlich bemerkenswertes
Ereignis.
Für den Kempener Amtmann und kurfürstlich kölnischen Rat Arnold von Wachtendonk, selbst reich begütert, war die Verbindung mit Anna Salome von Holthausen eine gute Partie. Der hohe Beamte des Kölner Kurfürsten Ernst von Bayern, der erste Vertreter des Landesherrn im Kempener Land, brachte das damals sehr ansehnliche adelige Gut Haus Broek bei Wankum samt etlichen Höfen, Rechten und Renten in die Ehe. Anna Salomes Vater Johann von Holthausen gab seiner Tochter als „brautschatz“ Anteile an den Häusern Krickenbeck und Hülsdonk. In der nächsten Generation fiel der Alleinbesitz Krickenbecks an Anna Salomes Schwiegersohn Johann Friedrich von Schaesberg, dessen Familie das markante Schloss bis ins späte 20. Jahrhundert (bis zum Erwerb durch die WestLB) besaß und damit einen der größten Güterkomplexe am Niederrhein ihr Eigen nennen konnte.
Ein „Who is who“ des niederrheinischen Adels
Der Ehevertrag ist im Original erhalten und die Liste der ihn besiegelnden Edelleute liest sich fast wie ein „Who is who“ des zeitgenössischen niederrheinischen Adels. Es ist ein Vertrag, der alle denkbaren vermögens- und erbrechtlichen Fragen klärt, die sich aus der zu schließenden Ehe unter Berücksichtigung aller möglichen künftigen familiären Wechselfälle ergeben könnten. Es ist kein ungewöhnliches Dokument, vielmehr in dieser Art in vergleichbaren Fällen üblich, wenn es hier auch um besonders hohe Vermögenswerte ging.
Anna Salome, die zur Zeit ihrer Hochzeit um die 23 Jahre alt war, hatte vorher als Kanonisse im renommierten freiadeligen Stift Maria im Kapitol in Köln gelebt. Sie starb 55-jährig 1636 mitten im Dreißigjährigen Krieg. Arnold von Wachtendonk, Angehöriger eines seit Generationen am Niederrhein angesehenes Adelsgeschlechtes, ist erheblich älter gewesen. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt, aber anlässlich der Geburt seines einzigen Kindes, der Ferdinanda von Wachtendonk, 1608 wird schon vom greisen Amtmann gesprochen. In Wilmius’ Kempener Chronik, einer sehr zuverlässigen stadtgeschichtlichen Quelle dieser Zeit, heißt es zum Jahre 1619: „Am 27. März starb der hochgeehrte, hochadelige Herr Arnold von Wachtendonk, Amtmann von Kempen, über 70 Jahre alt. Die Kempener schulden ihm sehr großen Dank wegen seiner der Stadt erwiesenen Wohltaten.“
Es muss ein glänzendes Fest gewesen sein, das 1604 auf der Kempener Burg gefeiert wurde. In einem erhaltenen Einladungsschreiben an Adolf Haes von Conradsheim zu Sollbrüggen wird dieser gebeten, dem „ehrentagh beyzuwhonen, und sich dem negst mitt anderen gutten Hern und verwanten in freuden zu ergetzen und lustigh zu machen“.
Man wünschte sich die Kenntnis weiterer Einzelheiten der Hochzeitsfeier, etwa eine solche, wie sie anlässlich der Hochzeit Ferdinandas mit Johann Friedrich von Schaesberg schriftlich überliefert ist, nämlich dass Bürgermeister und Rat der Stadt Venlo dem Paar ein „veßgen neuen weins“ verehrten.
Datum mit dem Hinweis auf den neuen gregorianischen Kalender
Mitsiegler des pergamentenen Ehevertrages und zugleich Hochzeitsgäste waren unter anderem der ehrenfeste Reinhard von Wachtendonk, Kanoniker zu Aachen, Arnold von Wachtendonk, Propst von Xanten, beide hochgebildete Persönlichkeiten, Adolf Quadt von Buschfeld, Chorbischof zu Dietkirchen sowie Domherr zu Trier und Münster, Wilhelm Quadt von Buschfeld, kurfürstlich kölnischer Kümmerer, ferner der Drost von Kranenburg, der Herr von Bodelschwing zu Bodelschwing, Johann von Brempt zu Flaßrath, Drost zu Straelen, der Herr von Eyll zu Gastendonk, Adolf Herr zu Gymnich, auch der Herr von Haus Klee bei Waldniel und Engelbert von Brempt.
Die beiden Eheleute versprachen und gelobten sich gegenseitig bei adeliger Ehre, alle Vertragsbestandteile fest und unverbrüchlich zu achten und zu befolgen. Das Ausstellungsdatum ist übrigens mit dem präzisierenden Hinweis „stilo reformato“ versehen, also nach dem neuen gregorianischen Kalender, der erst wenige Jahre vorher, 1582, von Papst Gregor XIII. eingeführt worden war.
Ausführlicher als hier möglich, wird die Adelshochzeit von 1604 im Heimatbuch des Kreises 2005 beschrieben.