Fakten & Hintergrund Serie: Oedter Ortsgeschichte (3) Oedt: Vom Burgdorf zum Industriestandort

Oedt. · Der Ort entstand einst rund um sein heutiges Wahrzeichen, die Burg Uda.

Die Burg im Jahre 1957, vor der Restaurierung.

Foto: ka

Der heutige Ort Oedt entwickelte sich um eine Burg, die ab 1313 urkundlich nachgewiesen ist und noch als Restburg besteht: Die Burg Uda als Wahrzeichen von Oedt. Von dort aus entwickelte sich das Burgdorf. Die Lage der Burg im Sumpfgebiet der Niers gegenüber dem Herzogtum Jülich war für Bauherr Dietrich Luf III. wohl ausschlaggebend zur Errichtung der Burgsiedlung an dieser Stelle.

Nach dem Tode Dietrich Luf III. 1332 ging der Oedter Besitz zunächst auf seine Tochter, dann auf seine Enkelin über. Diese verkaufte Burg Uda und Herrschaft Oedt im Jahr 1348 an den Markgrafen Wilhelm von Jülich, der sie kurze Zeit später wieder an seinen Bruder, den Erzbischof Walram von Köln, veräußerte. Dieser war wegen der geographisch-strategischen Lage der Burg stark am Kauf interessiert, rundete die Burg und Herrschaft Oedt doch seinen Besitz im Kempener Land mit der Kontrollfunktion über wichtige Straßenverbindungen im Maas-Niederrheingebiet vorteilhaft ab.

1416 konnte im Gegensatz zum Burgdorf Oedt die Burg Uda die Angriffe von Bergischen Truppen noch standhalten. Aber 1477 wurde sie von den Truppen des Kölner Stiftsverwesers Hermann von Hessen gestürmt. Dieser lag mit dem Kölner Erzbischof Rupprecht von der Pfalz im Streit. Die kriegerische Auseinandersetzung, die als kölnische Stiftsfehde in die Geschichte einging, wurde mit einer Vereinbarung in Oedt beendet. Der Friedensvertrag zwischen Rupprecht und Hermann wurde durch ihre Vertreter „uff dem Durmel“, dem erzbischöflichen Dormelshof am Oedter Niersweg, abgeschlossen.

1643, noch im 30-jährigen Krieg, wurde die Oedter Burg durch hessische Truppen unter Oberst Rabenhaupt belagert und beschossen. Schon nach einem Tag übergab die kaiserliche Besatzung die Burg an die Hessen. Rabenhorst ließ die Burg von allem wertvollen Material räumen, Brücken und Tore abbrennen und die Gebäude teilweise sprengen.

Oedt dehnte sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aus

Damit verlor sie ihren Wehrcharakter für immer, diente aber anschließend als Amtshaus. 1757 ließen französische Offiziere das Mauerwerk der Burg abtragen und verwendeten das Material zur Befestigung der Straße nach Süchteln-Hagenbroich. Nur einen Turm und wenige Mauerreste ließen sie stehen. Sie sind bis heute erhalten.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dehnte sich Oedt über den befestigten Ortskern aus. Durch den Bau der Vorstadt wurde eine Verbindung zwischen der Burgsiedlung und der außerhalb liegenden Kirche geschaffen. Bis zur französischen Besatzung im Jahr 1794 bestand Oedt aus dem Niederfeld im Norden, dem Auffeld, das sich südlich der befestigten Siedlung anschloss sowie den Honschaften Hagen und Unterbroich im Süden mit einer geringen Ansammlung von landwirtschaftlichen Höfen. Wie das übrige linksrheinische Gebiet wurde auch Oedt verwaltungsmäßig der Französischen Republik einverleibt. Dabei wurde 1798 die Honschaft Unterbroich Neersen zugeordnet. 1815 kam Oedt wie das übrige Rheinland zu Preußen.

Schon im 17. Jahrhundert ist in Oedt die Heimwebertätigkeit bezeugt. Neben der Tuchherstellung setzte im 18. Jahrhundert die Bandweberei ein. Später kam das Weben von Samt- und Seidenstoffen dazu. Aber schon im 19. Jahrhundert wurden in Oedt Textilien industriell gefertigt. Die Firma Mertes stellte Leinen- und Baumwollwaren her, bleichte und färbte sie. Noch entscheidender für den wirtschaftlichen Aufschwung war 1879 die Gründung der mechanischen Weberei Johs. Girmes Oedt . Aus den Bauern, Handwerkern und Heimarbeitern wurden Industriearbeiter.

In Oedt wurden schon 1899 die ersten elektrischen Beleuchtungsanlagen betrieben, die den Ort und die Privathäuser mit Strom versorgten, geliefert von den „Dampf-Dynamomaschinen“ der Firma Girmes. Auch das Oedter Krankenhaus wie die St. Vitus-Kirche waren  an die Elektrizität angeschlossen und kurze Zeit später der Ort an das neue Telefonnetz.

Girmes und Mooren waren wohl die bedeutendsten Familie in Oedt. Sie prägten und veränderten den Ort. Albert Mooren führte in Oedt die ersten Augenoperationen durch und gründete in Düsseldorf eine spezielle Augenklinik. Sein Vater Clemens Mooren und sein Bruder Theodor Mooren waren Bürgermeister in Oedt, Theodor auch Bürgermeister in Kempen und Oberbürgermeister von Eupen.

Unter Theodor Mooren wurde Oedt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts modernisiert und erweitert. Die aus der Zeit der Wehrhaftigkeit noch erhaltenen Tore wurden abgerissen. An Stelle der Wallgräben traten Straßen und Alleen. Nördlich und südlich wurde die Bebauung fortgesetzt, auch östlich der Albert-Mooren-Allee wurde das Gebiet erschlossen. Hier entstand das St. Vitus-Hospital und das erste Postgebäude. Hinzu kam der Anschluss an die Eisenbahnlinien für den Bahnverkehr mit Verbindungen nach Krefeld und Venlo.