Kreis Viersen So kämpfen Politiker bei Facebook
Wie präsentieren sich die Landtagskandidaten kurz vor der NRW-Wahl in dem sozialen Netzwerk? Sehr unterschiedlich — wie unser Schnellcheck zeigt.
Kreis Viersen. Neben dem Wahlkampf auf der Straße und Auftritten in den klassischen Medien hat sich Facebook als Plattform für politische Eigenwerbung etabliert. Auch die meisten Landtagskandidaten in den Wahlkreisen Viersen I und II präsentieren sich mit Bildern, Videos und Textbeiträgen — ein Überblick.
„Für meine Heimat #Viersen, #Willich, #Schwalmtal“ prangt auf dem Titelbild der Facebook-Seite von Stefan Berger. Einen ganzen Schwung Bilder postet er vom Wahlkampfauftakt seiner Partei in Düsseldorf. Dort zeigt er sich mit CDU-Größe Jürgen Rüttgers (Ministerpräsident von 2005 bis 2010). Eine andere Bildergalerie zeigt die spielerische Ader des gebürtigen Schwalmtalers — Fotos von einer Veranstaltung des deutsch-lettischen Freundeskreises zeigen ihn mit Spielzeugautos und der politischen Konkurrenz. Ansonsten sind seine Beiträge kurz vor der Landtagswahl eher Standard-Kost: Vieles erzählt nach, wann er welche Veranstaltung besucht hat. Minuspunkt: Auf einen Kommentar, der seine Aussage „Natürlich haben wir Ungerechtigkeiten in unserem Land. Lösen muss die jeder für sich selbst“ kritisiert, gibt er keine Antwort. Fazit: Abwechslungsreich bebildert, aber Schwächen bei der Kommunikation.
Eins fällt beim direkten Vergleich mit der Facebook-Seite von Stefan Berger schnell auf: SPD-Kandidat Hans Smolenaers war ebenfalls beim deutsch-lettischen Freundeskreis. Und er will mit Quantität überzeugen. Von der offensichtlich amüsanten Podiumsdiskussion mit Spieleinlagen präsentiert er satte 26 Fotos — und hat damit im direkten Vergleich mit dem CDU-Mann (vier Fotos) die Nase vorn. Insgesamt ist die Schlagzahl in den Wochen vor der Wahl beim SPD-Mann hoch: Eine Fotosammlung jagt die nächste. Von der Wahlkampftour durch die Viersener City gibt es satte 69 Fotos. Kämpferischer wird es, wenn Smolenaers den WDR-Kandidatencheck mit Stefan Berger in seiner Chronik teilt und das Zitat zur sozialen Ungleichheit (siehe oben) vom Konkurrenten hervorhebt. Außerdem auffällig: Neben dem SPD-Hashtag #NRWIR nutzt er #Hans2017. Fazit: Insgesamt viel Engagement, aber weniger Fotos wären manchmal mehr.
Martina Maaßen aus Viersen sitzt seit 2010 im Landtag. Auf ihrer Facebook-Seite teilt sie vor allem viele Beiträge der NRW-Grünen. Auffällig: Wenn sie etwas Eigenes postet, kommt das bei ihren Facebook-Freunden gut an. Eine Foto-Montage, bei der zwischen den Turmspitzen des Kölner Doms eine Fahne von Borussia Mönchengladbach gehisst wurde, trägt die prägnante Überschrift „Derbysieg!!!“ Auch ein Foto von einem Wahlkampfplakat der AfD in Viersen, bei dem fälschlicherweise darauf hingewiesen wird, dass am 25. Mai gewählt wird, sorgt für positive Reaktionen. Fazit: Eigene Beiträge zünden, oft wird aber nur von der Partei-Seite geteilt.
Frank a Campo aus Viersen will für die FDP in den Landtag einziehen. Auffällig: Sein Facebook-Wahlkampf ist erst Ende April gestartet — mit einem Foto vom Straßenwahlkampf auf dem Süchtelner Markt. Hier zeigt er sich mit dem FDP-Nachwuchs. Außerdem nutzt er die Plattform, um das „von der Landesregierung gestiftete Chaos“ anhand der Streichung des Weihnachtsshoppings in Viersen zu erläutern. Auffällig: Bis Ende April nur fünf Beiträge. Fazit: Etwas spät in den digitalen Wahlkampf gestartet.
Franz Lohbusch macht in einem Beitrag deutlich, für welche politischen Themen er einstehen will. Ein Auszug: „Zu allererst muss Bildung kostenlos sein.“ Ein wenig später in der Chronik taucht das Thema konkret mit einer Kritik an den neuen Regeln zum Essensgeld an Viersener Schulen wieder auf. Außerdem zeigt sich Lohbusch im Bild mit Parteichefin Sahra Wagenknecht. Und per Video gibt es Eindrücke zu einem Solidaritätsmarsch am Tag der Arbeit in Krefeld. Fazit: Präsentiert sich meinungsstark und abwechslungsreich.
Ute Reyners will auf ihrer Facebookseite offensichtlich die Kraft der Ausrufezeichen nutzen. Mit Texteinwürfen wie „Unbedingt lesen! Wichtig! Bitte teilen!“, „Wie wahr!“, „Wo leben wir eigentlich?“ oder „!!!“ bietet sie Beiträgen in ihrer Chronik Platz, die auf Missstände aufmerksam machen sollen. Darunter zweifelhafte Berichte von „unzensierten“ Medien. Lokale Themen sind selten. Dafür erfahren Besucher nebenbei, dass die Kandidatin bei einem chinesischen Restaurant in Mönchengladbach „einen schönen Abend mit leckerem Essen verbracht hat“. Fazit: Zu viele Ausrufezeichen sind nicht erst seit den Facebook-Eskapaden von Til Schweiger out.
Tanja Jansen macht in einem kurzen Video klar, wofür sie eintreten will und warum sie in den Landtag gehört. „Als Krankenschwester weiß ich über die Zustände in unserem Gesundheitssystem Bescheid“, erfahren Besucher per Link auf ihre SPD-Internetseite. Mit drei schicken Bildern zeigt sie, wie sie rote Rosen auf dem belebten Marktplatz in #Grefrath verteilt. Wie Parteifreund Hans Smolenaers darf auch bei der 43-Jährigen nicht das hauseigene Hashtag fehlen. Was dem ansonsten sympathischen Auftritt schadet: eher langweilige Phrasen wie „NRW ist auf gutem Kurs“.
Marcus Optendrenk teilt auch mit, wenn er noch kurz sein Büro im Landtag aufsuchen muss, um ein paar Akten zu holen. Dazu gibt es ein Bild vom Rhein, der „sich nicht am Wahlkampfgetöse“ stört. Optendrenk gelingt bei Facebook der Spagat zwischen landes- und lokalpolitischen Themen. Beim Treffen mit Wolfgang Bosbach, dem neuen Sicherheitsexperten der NRW-CDU, habe er diesen über die stark gesunkene Anzahl der Polizisten im Kreis Viersen informiert. Auch sonst greift der CDU-Mann viele lokale Themen auf und nimmt sich Zeit, wenn es Kommentare zu beantworten gibt. Fazit: Gute Mischung - vor allem der rege Austausch mit den Nutzern ist ein Pluspunkt.
Auch René Heesen gelingt es, überregionale Themen herunterzubrechen: Mit durchgestylten Grafiken seiner Partei und ein paar Sätzen macht er seine Positionen in Titelbildern deutlich. Die Sprache ist etwas lockerer als bei den Kollegen, das passt zur Plattform: „Bei denen fehlt anscheinend nicht nur eine gesunde Rechtswissenschaftserziehung, sondern auch das letzte Fünkchen Verstand und Anstand“, kritisiert er die Ratsmitglieder der Willicher CDU. Die hatten Verkehrserziehung und Haftpflichtversicherung für Flüchtlinge gefordert, um für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen. Fazit: Lockere Sprache hebt Heesen hervor.
Dietmar Brockes ist der Selfie-König der Runde. Auf ein Gruppenbild mit der Wahlkampf-„Mannschaft“ in Niederkrüchten-Elmpt folgt ein Schnappschuss mit FDP-Star Christian Lindner. Seine Reiserouten teilt Brockes per Google-Karte oder Straßenschild-Foto mit. Und zum 1. Mai gibt es den passenden Baum vor strahlend blauem Himmel. Zwischendurch sorgt mal ein Bilderrätsel für Abwechslung. Fazit: Keine Überraschungen beim Verkauf der politischen Inhalte, aber sehr abwechslungsreich.
„So, der Günny wird nun aufgehangen!“ schreibt Günter Solecki zu Beginn der heißen Wahlkampfphase. Gleich drei Mal teilt er eine Abbildung seines Wahlplakates. Dabei ist nach Soleckis Erklärungen dazu klar, dass die Wähler diesem auch in den Straßen begegnen werden. „Wo sie Recht hat hat sie Recht, ne. . .“, schreibt er zu einem Video, in dem Parteichefin Sahra Wagenknecht die fehlende soziale Gerechtigkeit in NRW anprangert. Fazit: Ein bisschen dröge — Bilder vom Aufhängen der Plakate hätten mehr Schwung gebracht.