Kempen/Grefrath Soll Fahrprüfung für Senioren Pflicht werden?
Die Versicherer in Deutschland fordern die Einführung einer Tauglichkeitsprüfung für Autofahrer ab 75 Jahren. Darüber sprach die WZ mit Fahrlehrern und Vertretern von Seniorenvereinen.
Kempen/Grefrath. Rund drei Viertel aller Unfälle, an denen Autofahrer ab 75 Jahren beteiligt sind, wurden laut einer Statistik der Versicherer von ihnen selbst verursacht. Die Debatte um Fahrtauglichkeits-Prüfungen für Senioren kocht derzeit erneut hoch (die WZ berichtete). Versicherungskonzerne fordern jetzt, diese Tauglichkeits-Tests ab einem Alter von 75 Jahren zur Pflicht zu machen. Die WZ hat sich bei Fahrschulen und Seniorenvertretern zu diesem Thema umgehört.
„Ich finde diese Tests angebracht und auf gar keinen Fall diskriminierend“, sagt Thomas Blazek, Geschäftsführer der Senioren-Initiative (SI) in Kempen. „Wenn nur Begleiterscheinungen des Alters kontrolliert werden, sollte dies als Pflicht akzeptiert werden. Das ist nicht nur für die eigene Sicherheit wichtig, sondern auch für die der anderen Verkehrsteilnehmer.“
Die Prüfungen der Fahrtauglichkeit auf freiwilliger Basis durchzuführen, so wie es der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) vorschlägt, sieht Blazek eher kritisch: „Meiner Erfahrung nach bleibt Freiwilligkeit leider oft auf der Strecke. Daher denke ich, Pflichtprüfungen wären sinnvoller.“
Ganz anderer Meinung ist dagegen Hans-Josef Hegger vom Verein Älterwerden in Grefrath. „Das finde ich überhaupt nicht gut. Man kann Menschen nicht einfach so zu Prüfungen verpflichten und ihnen alles wegnehmen“, so Hegger. Die Lösung des Problems mit unsicheren Autofahrern sieht er in der Politik. „Es müssten durch die Politik Hilfsmittel geschaffen werden, um mit den Senioren ins Gespräch zu kommen. So könnte die Fahrtauglichkeit auf freiwilliger Basis geprüft werden. Sie dazu zu verpflichten, finde ich diskriminierend“, erklärt Hegger.
Auch unter Fahrschullehrern ist die Meinung zum Thema Fahrtauglichkeits-Prüfung im Alter eher gespalten. Dietmar Rettig von der gleichnamigen Fahrschule an der Hohe Straße 4 in Grefrath steht einer solchen Regelung positiv gegenüber. „Ich denke, im Alter noch einmal die Schulbank zu drücken, wäre nicht richtig. Aber man könnte es so regeln wie bei den Lkw-Fahrern. Diese müssen alle fünf Jahre einen Reaktionstest machen, um die Fahrtauglichkeit feststellen zu können“, sagt Rettig.
Sinnvoll findet er diese Regelung für Senioren besonders, da er im Straßenverkehr schon einiges gesehen hat. „Wenn ein älterer Mensch sieben oder acht Minuten braucht, nur um die Straße zu überqueren, und dann in sein Auto steigt und losfährt, kann ich mir nicht vorstellen, dass das noch sicher ist. Was ist, wenn dann plötzlich ein Kind auf die Straße springt?“, so Dietmar Rettig.
Eine etwas andere Meinung wiederum vertritt Tobias Klemm von der Fahrschule am Bärenbrunnen, Ellenstraße 25, in Kempen. „Prüfungen sind in dem Fall eher weniger angebracht. Was man aber machen kann sind Weiterbildungen, mit denen man sich zum Beispiel in Sachen Verkehrsregeln auf den neusten Stand bringen und Alterstests machen kann. Wir bieten beispielsweise Kurse für erfahrene Autofahrer an und die werden auch gut angenommen“, erklärt Klemm.
Senioren ab 75 Jahren zu regelmäßigen Tests zu verpflichten sieht er eher kritisch. „Das ist nicht der richtige Weg, denke ich, denn man kann die Fahrtauglichkeit nicht unbedingt am Alter festmachen. Auch ein 80-jähriger Fahrer kann noch sehr fit sein. Zudem gibt es auch immer mehr Menschen, die sich selbst eingestehen, wenn sie nicht mehr fahren können“, sagt Tobias Klemm.