St. Hubert: Ein persisches Schicksal

Sooreh Nentwig ist in Teheran geboren und sieht mit gemischten Gefühlen, was sich dort abspielt.

St.Hubert/Teheran. "Es sind noch viel zu wenige, die auf die Straße gehen und demonstrieren." Sooreh Nentwig blickt momentan aufmerksam in ihre Heimatstadt Teheran. Die Iranerin lebt zwar seit ihrem 7.Lebensjahr in Deutschland. Zwei ihrer vier Geschwister sowie jede Menge weiterer Verwandtschaft sind aber bis heute in der persischen Hauptstadt.

Die Unruhen in ihrem Geburtsland wecken bei der 30-Jährigen, die seit acht Jahren mit ihrem Mann Marc und den drei Kindern Philip (11), Mara (4) und Lina (9Monate) in St.Hubert lebt, Erinnerungen an das eigene Familienschicksal. Ende der 70er-Jahre musste sie nach dem Sturz von Schah Reza Pahlavi das Land verlassen. Ihr Vater Abrahim, ein Kaufmann, war im Büro von Pahlavi beschäftigt und wurde nach dem Umsturz aus dem Land vertrieben. "Diese Zeit war weitaus turbulenter als die heutigen Demonstrationen", urteilt Sooreh Nentwig, die Ostern noch bei der Hochzeit ihres jüngeren Bruders Hamid(37) in Teheran war .

Dennoch hat die Familie auch jetzt die Unruhen am eigenen Leib zu spüren bekommen. "Hamid arbeitet in der Nähe des Demonstrationszentrums. Er ist von der Miliz mit Schlagstöcken verprügelt worden, obwohl er nur dort stand und sich nicht an der Straßenschlacht beteiligt hat", berichtet die 30-Jährige.

Sooreh Nentwig macht keinen Hehl daraus, dass sie und ihre Familie Anhänger von Oppositionsführer Mussawi sind und die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad für ungültig halten. "Aus Furcht, dass ihre Häuser gestürmt werden, gehen viele nicht auf die Straße", sagt sie.

Lediglich junge Frauen, meist Studentinnen, würden protestieren- Frauen werden in dem fundamentalistisch-islamischen Staat nach wie vor unterdrückt. "Aber ich glaube nicht, dass die momentanen Demonstrationen dazu führen werden, die Machthaber zu stürzen." Die Revolutions-Miliz habe die Lage nach wie vor im Griff. Wäre sie heute noch in Teheran, sie würde selbst auch nicht demonstrieren: "Aus Angst um die Familie."