Suche nach dem Kempener Modell
Die Leiter von Haupt- und Realschule reagieren auf die Pläne der Stadt.
Kempen. „Die Stadt will eine Gesamtschule“ — die WZ-Schlagzeile von Freitag ist Thema Nummer eins in der Kempener Schullandschaft. Auf Basis der Elternbefragung, bei der nach Hochrechnung die Mindestzahl von 100 Befürwortern pro Jahrgangsstufe erreicht worden ist, will die Verwaltung die Einrichtung einer Gesamtschule zum Schuljahr 2014/15 auf den Weg bringen. Gleichzeitig sollen Haupt- und Realschule sukzessive ab 2014 aufgelöst werden.
„Zunächst ist es mir wichtig herauszustellen, dass an unserer Schule gute pädagogische Arbeit geleistet wird — mit einer hohen Akzeptanz über die Grenzen Kempens hinaus“, sagte am Freitag Uwe Hötter, Leiter der Erich Kästner Realschule, auf Anfrage der WZ. Dies werde auch durch die gestiegene Zahl an Anmeldungen (149) — 2012 waren es 121 — unterstrichen.
Trotzdem sollte das Votum vieler Eltern für eine Gesamtschule und damit für das „längere gemeinsame Lernen“ ernst genommen werden, so Hötter. Hierbei seien aber zunächst die Stadt und die Bezirksregierung entscheidend: „An dieser Stelle sind die Beschäftigten der Schulen auch Dienstleister.“
Hötter habe sich stets so positioniert, „dass es neben einer Gesamtschule und zwei Gymnasien keine Realschule mehr geben kann“. Sollte die Entscheidung für eine Gesamtschule fallen, sei es umso wichtiger, „vorhandene Stärken von Real- und Hauptschule zu erhalten und in der neuen Schulform weiterzuentwickeln“. Hötter: „So ein Modell muss jetzt in zielgerichteten Diskussionen erarbeitet werden — wir sollten ein Kempener Modell entwickeln, das weiterhin auf Kommunikation und Kooperation angelegt ist.“
Innerhalb des Kollegiums der Realschule gebe es durchaus Unruhe, weil alle unter Umständen vor Veränderungen stehen. „Ich bin aber davon überzeugt, dass unser Kollegium diese Veränderungen überwiegend auch als Chance zur Weiterentwicklung und zum Aufbruch sieht“, sagt der Direktor.
Nach WZ-Informationen soll das Kollegium der Gesamtschule eine Mischung aus Real- und Hauptschullehrern sein. Zudem soll es Versetzungen aus Gesamtschulen und Neueinstellungen geben. Über die persönliche Situation des 57-jährigen Rektors, der gesamten Schulleitung und aller Kollegen sei noch nicht gesprochen worden. Das könne aber zurzeit auch noch kein Thema sein.
Für Hubert Kalla, Leiter der Martin-Schule, ist ein Posten an der Gesamtschule kein Thema: „Ich bin ich bereits 63 Jahre alt“, sagte er am Freitag zur WZ. Wie einige seiner Kollegen werde er „mit der Martin-Schule in Pension gehen“.
Überraschend kommt die Entwicklung in Kempen für Kalla nicht: „Als die Elternbefragung auf den Weg gebracht wurde, war mir klar, dass das Aus für die Hauptschule beschlossen wird.“ Die Schulform sei landesweit von den Eltern nicht mehr akzeptiert, „auch wenn wir hier gute pädagogische Arbeit für unsere Schüler leisten“. Vor allem die Betreuung der Schüler „im kleinen System Martin-Schule“ habe große Vorteile.
Diese Förderung sieht Kalla in der Gesamtschule in Gefahr: „Es könnte sein, dass diese Schüler in dem Riesensystem kaputtgehen.“ Es werde weiterhin Kinder geben, die so eine individuelle Unterstützung brauchen. „Dem muss eine Gesamtschule gerecht werden.“ Diese Bedenken habe Kalla bei den Elternabenden und auch gegenüber Schuldezernent Michael Klee vorgebracht. Laut Kalla haben diese Bedenken keinen Einfluss auf die Planung der Verwaltung gehabt. „Jetzt müssen die Behörden eine für alle Schüler qualitativ gute Schule auf den Weg bringen.“