Spannung vor der Elternbefragung

Welche Schulformen braucht Kempen künftig? Die Rektoren machen auf mögliche Gefahren einer Gesamtschule aufmerksam.

Kempen. Im Juni bekommen Eltern von Kindern, die zurzeit die erste, zweite oder dritte Klasse besuchen, Post. Die Stadt verschickt einen einseitigen Fragebogen, in dem abgefragt wird, an welcher weiterführenden Schule das Kind wahrscheinlich angemeldet werden soll, und ob eine Gesamtschule in Kempen gewünscht ist. Auch der Wunsch nach Ganztagsbetreuung wird erfragt.

Der Schulausschuss gab nun grünes Licht bei zwei Enthaltungen von der FDP. Zwar herrschte im Ausschuss grundsätzlich Einigkeit über die Notwendigkeit der Befragung. Aber die Parteien nutzen den Punkt ebenso wie die Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr, um ihre Haltungen zur Schulentwicklung deutlich zu machen.

„Die Zahlen sind für eine Schulstadt schon enorm“, sagte Monika Schütz-Madré (Grüne) mit Blick auf die 57 Kempener, die an zukünftig außerhalb von Kempen unterrichtet werden. „Wir fangen zwar jetzt mit der Reform an. Aber es sind uns Schüler verloren gegangen“, so Schütz-Madré. „Es gibt aber auch über 70 Jugendliche, die von auswärts nach Kempen kommen. Das ist ein Qualitätsmerkmal“, entgegnete Dezernent Michael Klee.

Ob es eine große Nachfrage nach Ganztag gibt, wollte Irene Steeger (SPD) wissen mit Blick auf die 19 Kempener, die zur Liebfrauenschule Mülhausen gehen, an der es Ganztagsunterricht gibt. „Der Bedarf in Richtung Ganztag hat sehr stark zugenommen“, bestätigte Realschul-Rektor Uwe Hötter.

Benedikt Waerder, Leiter des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums (LvD), sprach mit Blick auf die mögliche Einrichtung einer Gesamtschule vom Beginn eines wichtigen, entscheidenden, aber auch gefährlichen Prozesses. „Alle Befragten müssen wissen, dass eine Gesamtschule an die Stelle von Haupt- und Realschule treten würde“, so Waerder. Einige Fragen zu den Folgen seien noch nicht geklärt. Was passiert zum Beispiel mit Schülern, die nach der Erprobungsstufe, also nach Klasse 6, das Gymnasium verlassen müssen? Haupt- und Realschule sind verpflichtet diese Schüler aufzunehmen, eine Gesamtschule ist es nicht. Diskussionen um diese Frage gab es jüngst zum Beispiel in Willich.

Eine neue Schule werde auch einen personellen Wechsel in der Lehrerschaft und der Schulleitung bedeuten, so Waerder. Außerdem müsse dafür ein Raumkonzept erstellt werden. Achim Straeten (Grüne) kritisierte das „Torpedieren“ der Sache vonseiten der Schulleiter. Philipp Wachowiak (Freie Wähler) riet, sich bei Problemen nicht wegzuducken, sondern sie anzugehen.

Die Schulleitungen wollten nichts torpedieren, erklärte Josefine Lützenburg, Leiterin der Regenbogen-Grundschule. Man trete dafür ein, dass die „Schüler, die unten stehen, also Hauptschüler“, nicht verloren gehen. „Es geht nicht um Blockade“, unterstrich auch Hötter. Aber man müsse bedenken, dass man Bewährtes aufgebe. Die Rektoren hätten Sorge, dass nicht für alle Kempener Kinder gesorgt wäre.

„Bei den Informationen für Eltern wird nichts verheimlicht“, machte Klee deutlich. Natürlich gebe es noch viele Themen zu besprechen. „Aber das ist die inhaltliche Diskussion. Das ist der zweite Schritt.“ Die Elternbefragung sei nun der Anfang. Birgit Müller-Kemler (CDU) vermisste einen ergebnisoffenen Prozess. Schließlich sei mit der Befragung die Gesamtschule noch nicht beschlossen. Das Ergebnis könne auch sein, dass eine Veränderung gar nicht notwendig sei.