Am Scharpenacken sind so schnell wohl keine frei herumlaufenden, spielenden Hunde mehr zu sehen – zumindest, wenn es nach den neuen Regeln geht. Zwischen März und September sollen Hunde aufgrund der Brut- und Setzzeit angeleint sein, heißt es auf dem Schild vom Bau und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), dem Eigentümer des Scharpenacken. Die Regeln sind nicht nicht gänzlich unbekannt, es gibt sie schon seit 2013. Nun wurden lediglich Formulierungen angepasst und um das Auskämm-Verbot ergänzt.
Wie schon in dem Begriff Naherholungsgebiet angedeutet, ist das erklärte Ziel des BLB „Erholung im Einklang mit der Natur“. Dafür arbeiten sie mit der unteren Naturschutzbehörde und der Biologischen Station Mittlere Wupper zusammen, die beispielsweise mit einem Biotopmonitoring beauftragt wurden. „Während der Brut- und Setzzeit brauchen Wildtiere ein ungestörtes Umfeld und reagieren empfindlich auf Störungen in ihrem Lebensraum“, so Tim Kronner vom BLB, „Menschen und unbeaufsichtigte Hunde oder auch Flugobjekte wie Drohnen können hier schnell die zur Aufzucht des Nachwuchses benötigte Ruhe stören.“ Mehr als zehn Schilder stehen laut Aussagen in und um das Gebiet. Sie sollen bei Beschädigungen instandgesetzt oder ausgetauscht werden. Inwiefern regelmäßige Kontrollen oder Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln geplant sind, wurde nicht beantwortet, doch bei einem eigenen Spaziergang fuhr ein Befugter durch den Park und wies Hundehalter auf die neuen Vorschriften hin.
Die neuen Regeln sorgen unter Spaziergängern und Hundebesitzern für gemischte Reaktionen. Während einige die Maßnahmen begrüßen, halten andere sie für überzogen oder schlecht kommuniziert. Die Spaziergängerinnen Nikoletta Stüer und Heidemarie Roth sehen in den Regeln einen wichtigen Schritt für den Naturschutz. „Ich kann das nur befürworten, aber es wird leider nicht konsequent eingehalten, wie wir gerade sehen“, merkt Stüer an, während ein Hund unangeleint an ihnen vorbeilief. Besonders die Rücksichtnahme auf die weidenden Schafe sei wichtig. Dennoch wünscht sie sich mehr Aufklärung. Zum Zeitpunkt der Umfrage wurde lediglich ein neues Regel-Schild entdeckt, an einem Seiteneingang. Am Haupttor hing kein Schild, möglicherweise als Folge von Vandalismus.
Für Hundebesitzer wie Ercan Sali sind die neuen Vorschriften vor allem eins - „schwachsinnig“. Seiner Meinung nach sollten gut erzogene Hunde frei laufen dürfen. „Meine Hunde sind abrufbar, sie stören niemanden – und es ist noch nie etwas passiert.“ Ähnlich äußert sich Fred Stiefler, der mit seinem Hund seit über 20 Jahren fast täglich am Scharpenacken unterwegs ist. Er hält die Leinenpflicht für unangemessen: „Hier laufen doch keine Rehe herum, die sind im Wald. Warum kann man nicht bestimmte Bereiche für Hunde freigeben?“ Dass Rücksicht auf den Schäfer genommen werden muss, ist für ihn und andere selbstverständlich – doch die generellen Einschränkungen empfindet er als unfair: „Hunde haben auch Rechte. Die Stadt kassiert schließlich auch Hundesteuer von uns – und das nicht zu knapp.“
Eins ist klar: Ein Kompromiss muss her
Imme Dresbach probiert sich als Gegenmaßnahme nun mit einer Schleppleine aus, was gar nicht mal so einfach ist. Sie zeigt Verständnis für den Naturschutz und beobachtete selbst schon Hundehalter, die keine Rücksicht auf die Umwelt nahmen. Trotzdem hält sie die Umsetzung für übertrieben. Sie kritisiert, dass alle Hundehalter „bestraft“ würden, obwohl unerzogene Hunde die Ausnahme seien. „Es braucht gegenseitigen Respekt. Aber aktuell fühlt man sich als Hundehalter eher kriminalisiert.“
In einem sind sich die Besucher einig: ein Kompromiss ist notwendig, mit dem alle leben können. Die Spaziergängerin Stüer plädiert für eine Auslaufwiese für Hunde – eine Idee, die ihre Freundin Roth mit dem Vergleich zu Hundezonen an Stränden unterstützt. Auch die Hundehalter würden das Begrüßen, damit der Scharpenacken zumindest in Teilen ein „Hundeparadies“ bleibt. Auf die Frage, ob in Zukunft eine Einigung denkbar sei, ging der BLB nicht ein.