Wer sich in der Fastenzeit im Austausch mit anderen mit gesellschaftlichen, politischen oder religiösen Themen beschäftigen möchte, ist herzlich zu den „Fastenreden“ eingeladen, die in der Pfarrkirche Herz Jesu stattfinden. Den musikalischen Rahmen gestaltet ein Kirchenmusiker virtuos an der Orgel.
Das Angebot gibt es nunmehr seit 15 Jahren
Der Alltag ist oft hektisch, Beruf und Familie zerren an den Menschen, Politik und Wirtschaft beschäftigen ebenso, wie auch gesellschaftliche Veränderungsprozesse die Suche nach Orientierung fordern. Im christlichen Glauben bietet die Fastenzeit die Möglichkeit, durch den Verzicht – klassischerweise auf Alkohol und Süßigkeiten, aber auch auf lieb gewonnene Gewohnheiten – zur Besinnung und körperlichen und seelischen Reinigung beizutragen und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.
Mit Impulsen in Form der sogenannten „Fastenreden“, die vom Katholischen Bildungswerk Wuppertal/Solingen/Remscheid in Zusammenarbeit mit ihren Kooperationspartnern bereits seit mehr als 15 Jahren angeboten werden, leisten die Veranstalter einen Beitrag zu Möglichkeiten der eigenen Standortbestimmung in einer Zeit, in der Transformationsprozesse die Menschen vor große Herausforderungen stellten.
„Multiple Krisen erschüttern derzeit die Gesellschaft. Das erfordert auch von der Kirche ein Nachdenken darüber, wo sie in diesem Prozess eigentlich steht“, stimmt der Theologe und pädagogische Mitarbeiter des Katholischen Bildungswerks, Volker Niggemeier, auf das Angebot der Fastenreden ein. Dabei gehe es aber nicht nur um religiöse Themen, ist das Angebot thematisch breit aufgestellt. Mitinitiatorin ist die in der Gemeinde Herz Jesu ehrenamtlich engagierte Bildungsverantwortliche Iris Valentin. Gemeinsam mit ihr hat die Leiterin des Bildungswerks, Dr. Katja Schettler mit ihrem Team ein Themenspektrum überlegt, in dem Transformationsprozesse mit ihren Auswirkungen in vielen Lebensbereichen betrachtet werden. In den Vorträgen und anschließenden Gesprächen gehe es durchaus kritisch zu, erläutert Volker Niggemeier. Unter anderem beschäftigt sich nämlich der Vortrag von Ulrike Böhmer mit dem Titel „Und ich beweg mich noch!“ mit Perspektiven für Frauen in der katholischen Kirche.
Der Vortrag von Burkhard Hose knüpfe an Inhalte der Bewegung „Out of Church“ an, mit der sich Kirchenmitglieder zu ihrer sexuellen Orientierung bekannt hatten, erläutert Niggemeier. Der Vortrag trägt, in Anlehnung an den Bibelvers des Propheten Jeremia, den Titel: „Baut Häuser und wohnt darin, pflanzt Gärten und esst ihre Früchte!“, den der Redner als „Aufruf zur Kreativität in Zeiten gesellschaftlicher und kirchlicher Umbrüche“ verstanden wissen möchte.
Dr. Michael Gütering, der selbst bis 2014 Gemeindepfarrer in der Gemeinde Herz Jesu war, gehört ebenfalls zu den diesjährigen Fastenrednern. Sein Vortrag ist mit einem Vers des Propheten Haggai überschrieben: Geht ins Gebirge, schafft Holz herbei und baut den Tempel wieder auf!“ Dieser biblische Imperativ ist eine „theologische Standortbestimmung“ angesichts der Herausforderungen der Gegenwart.
Zur Bedeutung und Verantwortung der Medien generell und der kirchlichen im Besonderen referiert der Dom-Radio-Moderator Renardo Schlegelmilch unter dem Titel „Der gute Draht nach oben“.
Zu den traditionell gut besuchten Fastenreden mit anschließendem Austausch sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, gleich welcher Konfession, herzlich eingeladen. Die Erfahrungen der Vergangenheit hätten gezeigt, dass dieses Angebot, obwohl es ein Bildungsangebot für alle Menschen ist, die Besucherinnen und Besucher doch eher aus den christlichen Religionen kämen. „Gänzlich kirchenferne Menschen erreichen wir mit unseren Fastenreden eher nicht“, bedauert Mitorganisator Volker Niggemeier, denn die Inhalte seien nicht explizit kirchenspezifisch, sondern durchaus auch kirchen- und gesellschaftskritisch. Die Attraktivität der Veranstaltung liege in einem spannenden Mix, der aus dem Raumerlebnis einer Kirche in Kombination mit der Behandlung aktueller und gesellschaftlich relevanter Themen und thematisch passender Orgelmusik, die zur Besinnung einlade, resultiert, ist die Einschätzung von Volker Niggemeier.