Kempen Tedi an der Judenstraße: „Es ist eine Schande“
Was sagen die Kempener zu dem wahrscheinlichen Wechsel am bisherigen Vögele-Standort? Die WZ hörte sich gestern auf dem Buttermarkt um. Zudem gingen Meinungen per Mail ein.
Kempen. Das wahrscheinliche Szenario sieht so aus: Das Modegeschäft Vögele verlässt den Standort Judenstraße/Ecke Kirchstraße, dafür zieht der Billigdiscounter Tedi in diese Räume. Die WZ wollte wissen, wie die Kempener darüber denken. Die Redaktion vor Ort war gestern Vormittag auf dem Buttermarkt, um Stimmen einzusammeln. Auch via E-Mail gingen Meinungen ein.
„In unserem Verwandten- und Bekanntenkreis gab es nur negative bis wütende Reaktionen“, schreibt Andrea Berger. Alle seien sich einig darin, dass doch „mit etwas gutem Willen“ ein Lebensmittelgeschäft an diesem Standort möglich sei. „Aber was zählen schon Bürgerstimmen?“, fragt sie rhetorisch.
Auch Ursula Körner würde gerne einen Lebensmittelladen in der Innenstadt sehen. Dafür würde sich das Vögele-Ladenlokal anbieten. „Netto und Kaiser’s sind schon von der Engerstraße verschwunden.“ Dadurch hätten alle an der Straße weniger Einnahmen. „Die Kempener haben alle sooo eine Krawatte“, beschreibt Ursula Körner die Stimmung in ihrem Bekanntenkreis.
„Sicherlich wäre ein kleiner Lebensmittel-Händler für die Kempener Innenstadt wünschenswerter als die Billig-Kette Tedi — gerade in diesem attraktiven Ladenlokal“, findetFrank Grusen. „Wir können uns zwar glücklich schätzen, dass in Kempen eine Geschäftsaufgabe nicht zwangsläufig einen langfristigen Leerstand oder andere unattraktivere Nutzungen nach sich zieht.“ Bei vergleichsweise anonymen Eigentümern hätten Stadt und Werbering aber leider keinerlei Einfluss auf die Entscheidung pro oder contra einzelner Mieter und deren Angebot. „Die Mietvorstellungen der Eigentümer schließen hier außerdem sicherlich einige Konzepte von vornherein aus. Keine schöne Entwicklung - aber letztlich können wir Kunden mit den Füßen abstimmen, welches Angebot sich in der Altstadt durchsetzt und welches nicht.“ Vielleicht sei das ja beim nächsten mal ein „Unverpackt“-Laden — „ein wenig Mut und Idealismus auf Vermieterseite vorausgesetzt“.
Ursula Skaliks glaubt nicht, dass ein neues Geschäft dauerhaft als Frequenzbringer funktioniert: „Am Anfang gehen alle neugierig gucken, aber nach drei bis vier Wochen wird es uninteressant.“ Sie selbst bevorzugt kleinere Geschäfte, in den größeren sei das Angebot zum Teil „verwirrend“.
Die WZ hat jedoch auch positive Meinungen zur möglichen Tedi-Ansiedlung erreicht: „Ich gehe gerne in diesen ,Ramsch-Läden’ einkaufen, und das hat nicht unbedingt etwas mit dem Einkommen zu tun“, so Janine Lieser via Mail. „Man bekommt meistens alles, was man so fürs tägliche Leben benötigt.“ Sie ist der Meinung, „dass Kempen einfach viel zu viele teure Läden hat“. Und auf der WZ-Facebook-Seite postet eine Userin: „Markenmode-Geschäfte gibt es genug in der Stadt.“ Sie kritisiert, dass mancher aus Kempen ein „Klein-Düsseldorf“ machen wolle.
Doris Preßling dagegen befürchtet, dass die Stadt „bald nur noch Billigmärkte“ habe. „Das finde ich nicht besonders toll.“ Es sei „eine Schande“, dass diese Lage in der Altstadt so genutzt werden solle, sagt Rosemarie Klein. „Das geht gar nicht.“
„Ich finde das ganz furchtbar“, sagt eine Kempenerin. Sie lebt sehr gern in Kempen, geht aber nicht mehr so gerne in der Altstadt einkaufen. Mit den vielen billigen Geschäften, die es mittlerweile in der Innenstadt gebe, kann sie nichts anfangen. Sie kaufe lieber sparsam ein, wenige Dinge, die dafür hochwertig seien und lange halten, sagt die Dame, die sich eher ein Geschäft wie das Modegeschäft Stuckmann, das früher an der Ecke Kirchstraße/Judenstraße zu finden war, wünschen würde. „So ein Laden, mit diesem Konzept, ist in Kempen nicht notwendig“, sagt sie über Tedi.
Das sieht Peter Jeske ganz ähnlich. „Die Kempener, die hier wohnen, die kaufen da nicht ein“, sagt er über die Billig-Kette. Vieles dort sei überflüssig. Für das Bild der Altstadt sei das eine „ziemliche Katastrophe - so ein Ramschladen an so einer Stelle.“ „Eine Katastrophe für die Altstadt“ nennt auch Martin Kujawa einen möglichen Tedi-Markt dort. Er sehe auch, dass es nicht einfach sei, für dieses große Ladenlokal, das auch noch über zwei Etagen geht, einen geeigneten Mieter zu finden. Einen Elektronikmarkt oder auch einen Spielwarenladen, der auch für Erwachsene etwas anbietet, könnte er sich dort gut vorstellen.
Die Stadt werde immer leerer, stellt eine Kempenerin fest. „Die Touristen bleiben weg.“ Für „Schrottgeschäfte“ würde schließlich keiner kommen. Sie hat aber auch Verständnis dafür, dass Menschen mit weniger Geld auf Möglichkeiten, günstig einkaufen zu können, angewiesen seien.