Verwaltung unter Druck
Der Ausschuss unternimmt nichts gegen einen Abriss. Der Kampf für den Denkmalschutz ist aber nicht beendet.
Kempen/Tönisberg. Ereignisreich, emotionsgeladen, folgenschwer — so könnte man die Beratung über das Zechengelände Tönisberg in der Sitzung des Bau- und Denkmalausschusses am Montagabend beschreiben. In geheimer Abstimmung folgte der Ausschuss dem Verwaltungsvorschlag, die Zeche nicht unter Denkmalschutz zu stellen und somit für den geplanten Abriss durch die Ruhrkohle AG (RAG) freizugeben. Mit Blick auf das Ergebnis (10:5) scheint klar, dass SPD und Grüne gegen den Verwaltungsvorschlag gestimmt haben — CDU, FDP und Freie Wähler Kempen (FWK) dafür.
Das belegen auch die Aussagen in der Diskussion. „Die Verwaltungsvorlage ist so nicht in Ordnung“, machte Michael Rumphorst (Grüne) deutlich und bekam dafür vom Großteil der mehr als 50 Ausschuss-Besucher Applaus. „Es geht hier zunächst nur um die Frage der Unterschutzstellung. Mögliche Folgethemen dürfen am Mittwoch noch gar keine Rolle spielen“, sagte Rumphorst an die Adresse der Verwaltung. Die scheut mögliche Kosten für den Erhalt als Denkmal.
Im Falle der Unterschutzstellung würden die Gebäude von der RAG an die Stadt übergehen — und somit auch alle Pflichten. Diese Regelung sieht der Gesetzgeber vor, falls die damit verbundenen Kosten einem Unternehmen nicht zuzumuten seien, so Dezernent Stephan Kahl.
Harsche Kritik äußerten die Grünen am Umgang der Verwaltung mit den Argumenten des Gutachters Professor Walter Buschmann. Dieser hatte bereits 2002 in seinem Gutachten die Unterschutzstellung der Zeche gefordert. Unter anderem wegen der Bedeutung der Technik des Fördergerüstes und der Feststellung, dass der Förderturm die „westliche Landmarke des Bergbaus im Ruhrgebiet“ sei. Rumphorst zu Kahl: „Sie geben in der Verwaltungsvorlage zu, dass diese Argumente stichhaltig sind, und wischen sie dann einfach weg. Diese Verwaltungsvorlage wird uns vor der Oberen Denkmalbehörde und dem Verwaltungsgericht um die Ohren fliegen.“
Auch Heinz Wiegers (SPD) fand deutliche Worte: „Dem Aspekt des Denkmalschutzes hat die Verwaltung in dieser Diskussion niemals Vorrang eingeräumt.“ Es sei immer nur darum gegangen, wie man mögliche Folgekosten verhindern kann. Dieses Vorgehen sei nicht korrekt: „Der Denkmalausschuss wurde übergangen.“ Ein Beleg dafür sei, dass das Gutachten von Mai 2002 erst im Herbst 2013 den politischen Gremien präsentiert wurde.
Unter anderem zur Frage, ob die Politik in den vergangenen Jahren seitens der Verwaltung Kenntnis vom Gutachten bekommen hat, haben die Grünen vor der Sitzung einen Antrag eingereicht. Die Antwort gab es am Ende der Sitzung in schriftlicher Form: „Es kann nicht mehr nachvollzogen werden, ob die grundsätzliche Vorgehensweise im Rahmen von Mitteilungen, über Haushaltsberatungen oder Sitzungen des Ältestenrates im politischen Raum erörtert worden ist.“
Zurück zur Diskussion: Die CDU stellte sich auf die Seite der Verwaltung. „Die Anlage ist kein Alleinstellungsmerkmal und stößt nur bei fachlichen Besuchern auf Interesse“, sagte Peter Fischer. Auch das Argument der Verwaltung, dass die benachbarte Firma Naue den Standort verlassen würde, falls die Zeche zum Denkmal und möglicherweise zum Veranstaltungsort wird, konnte die CDU nachvollziehen: „Der Erhalt der Arbeitsplätze in diesem Bereich geht vor.“ Eine WZ-Anfrage im Naue-Hauptsitz Fiestel in der Nähe von Bielefeld zu diesem Thema blieb bis Dienstagabend unbeantwortet.
Die FDP hatte bei ihrer Argumentation vor allem die Folgekosten im Blick. „Natürlich geht es heute zunächst um den Beschluss zur Unterschutzstellung“, sagte Odilo Heitzig. „So ein Beschluss hat aber auch immer Folgen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass dann Kosten auf die Stadt und alle Bürger zukommen.“
FWK-Ratsherr Georg Alsdorf äußerte öffentlich keine Meinung. Er beantragte lediglich die geheime Abstimmung: „Damit wir eine sachgerechte Entscheidung — fernab vom Wahlkampf — herbeiführen.“ Und diese Entscheidung gab es dann auch: Die Mehrheit des Ausschusses hält das Zechengelände nicht für denkmalwürdig. Eine Fortsetzung vor der Oberen Denkmalbehörde (siehe Kasten) gilt aber als wahrscheinlich.