Kreis hat Jodtabletten für den Atom-Notfall

Zwei belgische Atommeiler sind nach Pannen sehr umstritten. Der Kreis ist vorbereitet.

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Kreis Viersen. Immer wieder sorgen die belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel mit Pannen für Schlagzeilen, Kritiker fordern schon länger deren Abschaltung. Der belgische Gesundheitsrat hatte im vergangenen Jahr auch deshalb empfohlen, Jodtabletten an alle Menschen zu verteilen, die im Umkreis von hundert Kilometern um die atomaren Einrichtungen wohnen. Im Nachbarland erhalten alle elf Millionen Einwohner die Tabletten, die hoch dosiertes Jod enthalten und die gesundheitliche Schäden im Falle eines Atomunfalls vermeiden sollen.

Genau hundert Kilometer Luftlinie liegt zwischen dem Atommeiler Tihange und Niederkrüchten. Sollte es zu einem Unfall kommen, bei dem Radioaktivität freigesetzt wird, hat der Landkreis Vorbereitungen getroffen. Insgesamt 324 000 Jodtabletten hat der Kreis zentral eingelagert, davon wurden 297 000 Stück Ende vergangenen Jahres geliefert. Das Konzept sieht vor, dass im Krisenfall die Feuerwehren die sogenannten Kaliumiodid-Tabletten abholen und in ihre Gerätehäuser bringen, wo sie dann an die örtliche Bevölkerung verteilt werden. Dabei werden alle Städte und Gemeinden des Kreises versorgt und nicht nur der Westkreis, wie ursprünglich vorgesehen. Anders als die Landkreise Heinsberg, Düren oder Euskirchen wird der Kreis allerdings keine Jodtabletten prophylaktisch an besonders gefährdete Personengruppen verteilen.

Dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche, weil ihre Schilddrüse deutlich mehr Jod aufnimmt als die von Erwachsenen, sowie Schwangere ab der zwölften Woche. Tritt bei einem atomaren Unfall radioaktives Jod aus, kann es sich in der Bauchspeicheldrüse anreichern, wo es Strahlung freisetzt und zu Schilddrüsenkrebs führen kann. Dass das nicht passiert, ist Zweck der Kaliumiodid-Tabletten. Durch die hohe Joddosis wird die Schilddrüse gesättigt und die Aufnahme des freigesetzten radioaktiven Jods blockiert.

Dosierung und Zeitpunkt der Einnahme sollten aber exakt nach Vorgaben der Behörden erfolgen, rät die Deutsche Gesellschaft für Endokinologie (DGE). Denn Drei Stunden später sind die Tabletten nur noch zu 50 Prozent wirksam, zehn Stunden später gar nicht mehr. Noch später kann die Einnahme sogar schaden, da dann das schon aufgenommene radioaktive Jod langsamer ausgeschieden wird. Zudem kann ein unbedachter Umgang mit den hoch dosierten Tabletten zu Störungen der Schilddrüsenfunktion führen. „Niemand sollte zum Schutz vor möglichen Reaktorunfällen eigenständig hoch dosierte Jodpräparate einnehmen“, sagt Professor Matthias Weber von der DGE. Auch aus diesem Grund verteilt der Landkreis die Tabletten auch nicht im Voraus.