Betreuung der Flüchtlingskinderstellt Jugendamt vor Probleme

Die Behörde muss sich um 30 minderjährige Flüchtlinge, die ohne Familie hergekommen sind, kümmern.

Foto: Peters

Nettetal. Schüchtern, schmächtig und allein: Ohne Eltern, ohne Familie ist der Junge nach Wochen der Entbehrungen und Gefahren nach Nettetal gekommen. Er ist nur einer von vielen anderen sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. „Die Kommune muss Flüchtlinge unter 18 Jahren in Obhut nehmen“, erläuterte Jochen Müntinga die Rechtslage. Der Leiter des Nettetaler Jugendamtes kündigte im Jugendhilfeausschuss angesichts zu erwartender weiterer Zuweisungen Engpässe bei der Betreuung an.

Unter den vielen Flüchtlingen werden auch Minderjährige den Kommunen zugewiesen. So waren unter den 150 Flüchtlingen, die zur vorübergehenden Erstunterbringung in der Hauptschule ankamen, elf unbegleitete Kinder. Sie mussten zur Betreuung anderswo im Stadtgebiet untergebracht werden. Zwei kamen an andere Orte, neun sind noch in der Obhut der Stadt. Insgesamt, so ist zu hören, kümmert sich das Jugendamt um mehr als 30 Minderjährige.

Mag ihre Zahl nicht groß scheinen, der Aufwand ist enorm. Denn diese Kinder müssen anders als Erwachsene laut Gesetz in den jeweiligen Kommunen ständig betreut werden, „auch stationär“, wie Müntinga klarstellte. Das bindet Personal, lässt sich aber vorher nicht planen. „Wie viele Minderjährige in den Bussen mit ankommen, das wissen wir vorher nicht“, schilderte Müntinga ein Problem, das sich schon nächste oder übernächste Woche wieder stellt. „Wir rechnen ab dann mit 30 bis 40 neuen Flüchtlingen pro Woche, darunter werden wohl auch wieder unbegleitete Minderjährige sein“, kündigte Sozialdezernent Armin Schönfelder an.

Der Zustrom nach Nettetal dürfte bis Ende November anhalten, so dass bis dahin insgesamt „rund 300 weitere Flüchtlinge“ zu erwarten sind. Ab Dezember kommen dann über 300 Flüchtlinge zur Erstunterbringung ins Sport- und Erlebnisdorf Hinsbeck; bis zu ihrer Weiterverteilung werden Nettetal keine neuen Flüchtlinge zugewiesen.

„Die nationale Notlage wird die Jugendhilfe ganz massiv treffen, allein die Kosten gehen in den Millionenbereich“, sagte Müntinga. Was konkret heißt: Ein Flüchtlingskind fest zu betreuen, kostet, wie im Ausschuss bekannt wurde, jährlich bis zu 60 000 Euro. Die Ausgaben sollen zwar laut Müntinga vom Bundesverwaltungsamt erstattet werden, wann und wie, stehe noch nicht fest.

Vordringlich für die Stadt und fürs Jugendamt aber ist zunächst die Frage: Wohin mit den Kindern? Die Suche nach Verwandten in Deutschland, die sie aufnehmen könnten, hat nur ganz selten Erfolg.

Nach Angaben Müntingas soll in der ehemaligen Hauptschule Lobberich nun ein Klassenraum als stationäre Unterkunft für Kinder hergerichtet werden. Ob das eine langfristige Lösung sein kann, blieb offen. Hinzu kommen andere Probleme, wie Schönfelder ausführte: „Auf dem Markt sind keine Betten mehr erhältlich.“