Bürgermeister Wagner: „Die Stadt, das sind wir alle“

Bürgermeister Christian Wagner sprach über den demografischen Wandel in Nettetal.

Foto: Siemes

Nettetal. An den öffentlichen Gebäuden der Stadt hängen seit den Terroranschlägen in Frankreich die Fahnen auf halbmast. Bürgermeister Christian Wagner bat zu Beginn des Neujahrsempfangs im Rathaus die Besucher, mit einer Schweigeminute ihr Mitgefühl auszudrücken.

Ehe Wagner sich dem Hauptthema seiner Rede, der Bewältigung des demografischen Wandels in der Stadt, zuwandte, schlug er einen Bogen von den weltweiten Unruheherden zu den Fluchtbewegungen, die damit verbunden sind. „Gerade hier in Nettetal bauen wir schon seit vielen Jahren Brücken des gegenseitigen Verständnisses und Miteinanders“, stellte Wagner fest.

Der Bürgermeister bereitete seine Zuhörer darauf vor, dass die Flüchtlingswelle keineswegs abebbt, sondern noch zunimmt und viele Menschen versuchen werden, in ihrer neuen Umgebung Fuß zu fassen. „Ich bitte sehr deutlich darum, die Fehler der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nicht zu wiederholen, wo wir dem Glauben nachgingen, dass die zu uns kommenden Menschen hier nur kurzfristig versorgt würden und alsbald wieder zurückgingen.“ Viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien seien geblieben. „Ich bin der Überzeugung, dass dies umso mehr für die Menschen heute aus den Ländern gilt, wo eine positive Entwicklung überhaupt nicht abzusehen ist“, so Wagner.

Der Bürgermeister versuchte anschließend, die Folgen des demografischen Wandels in der Nettetaler Gesellschaft einzuordnen. Ja, die Zahl der älteren Menschen wird zunehmen und mit ihnen diejenigen, die der besonderen Hinwendung und Pflege bedürfen, erklärte der Bürgermeister. Dies dürfe gesamtgesellschaftlich aber nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Aufgabe verstanden werden, sich auf die Entwicklung einzustellen, gegenzusteuern und aktiv gestaltend damit umzugehen.

„Städte und Gemeinden in Deutschland, die ihre Infrastruktur mangels Bevölkerung nicht mehr erhalten können, in denen sich der Prozess durch Fortzug der jungen Menschen beschleunigt, werden wirtschaftlich, sozial und kulturell die Verlierer werden“, warnte Wagner. Nettetal wird bis 2030 etwa zwei Prozent der Bevölkerung verlieren, dies sei aber kein Grund, die Entwicklung passiv hinzunehmen.

Aufbauend auf den Leitzielprozess 2015+ will Wagner jetzt eine Nettetal-Agenda 2020 entwickeln, die sich mit Für- und Vorsorge, Gewerbe- und Stadtentwicklung sowie der Fortentwicklung des Gemeinwesens beschäftigen wird. Ihm ist nicht entgangen, dass Teile der Bevölkerung „eine Distanz zu den Themen der Stadt“ entwickelt haben. Er wolle versuchen, diese Menschen doch noch zu erreichen, indem etwa „Stadtteilgespräche“ eingerichtet werden.

Den Umgang der Stadt mit dem Ehrenamt will der Bürgermeister ebenfalls verbessern. Hauptziel müsse es sein, die jüngere Generation in der Stadt zu halten oder sie nach Nettetal zu locken. „Wir brauchen jeden jungen Menschen als personifizierte Zukunftshoffnung“ und „wir brauchen ein erneuertes Verständnis der Stadt als Verantwortungs- und Gestaltungsgemeinschaft“, erklärt Wagner, der abschließend feststellte: „Die Stadt, das sind wir alle.“