Die Hölle liegt im Keller
Ausstellung: Zwei Künstlerinnen zeigen in der Galerie Nostheide-Eycke Installationen über Albträume, Ängste und Ahnungen.
Nettetal. Von wegen schöne Weihnachtszeit! Ins Tannengrün schleichen sich Merkmale menschlicher Gewalt und Raffgier. Im Reigen der Rentiere tanzen Panzer mit, den Kerzen-Kitsch überstrahlen Scheinwerfer sensationslüsterner Kameraleute. Doch noch tiefer in die Abgründe menschlicher Seelen führen steile Stiegen hinab: Die Hölle auf Erden ist unter uns. Sie liegt im Keller der Galerie Petra-Nostheide-Eycke, die seit Sonntag zwei außergewöhnliche Ausstellungen zeigt.
Die „Gesellschaft zur Angsterhaltung“ ist unten zu Hause: So betitelt Svenja Ritter ihre Installationen über Ängste und Albträume menschlichen Lebens, umgesetzt auf wunderbar ästhetische Weise. So sanft, friedlich, niedlich beinahe, liegt im matten Licht des gläsernen Sargs der Mensch, der Rest seines Körpers, der als Torso der Verwesung widersteht. Noch. Da wirken sie am Grund wie blühende Blasen, die Bakterien, die das Leben ausnehmen, aufsaugen und weitergeben.
Was Ritter da installiert hat, scheint vordergründig ein Kreuzweg mit Stationen des Leidens und Schreckens. Doch nicht bedrohlich wirkt der Operationstisch, auf dem der riesige Skorpion schon seinen Giftstachel zückt. In der Harmonie von Schwarz und Weiß will das Leben kein Ende nehmen, der Kunststoffmensch mit seinen Klauen statt Händen spiegelt einen Hauch der schaurigen Schönheit venezianischer Karnevalsmasken.
Da mögen die Augen ängstigen, wenn sie von Spinnentieren auf den kümmerlich kauernden Menschen in der Psychotherapie blicken. Doch die verstreuten Rosen verströmen einen Hauch der Hoffnung. Dazu an den Wänden wie fantastische Fenster Ritters bunte Bilder, die gleichsam den Weg weisen in die große Halle, wo Ilka Sulten ihr „Tal der Ahnungslosen“ eingerichtet hat. Von weitem fast zu schön: Die Frau mit Kinderwagen, umrankt von grünem Blätterwirrwarr. Von nahem dann verblüffend verstörend, die Sexpuppe, wie der Wagen aufgeblasen. Da säuselt und seufzt die riesige Pflanzen-Installation in der Mitte des Saales. An den Wänden ringsum Kränze mit Rentieren und Kerzenkitsch, zwischen denen Panzer und Kameras hervorlugen: Schöne Weihnachtszeit!