Brauchtum in Nettetal Das Kinderschützenfest von 1937 in Hinsbeck

Nettetal · Zum 30-jährigen Bestehen richtete der VVV Hinsbeck das erste und einzige Kinderschützenfest aus. Lehrer und Ortsgruppenleiter Theodor Dickopf veranstaltete es mit den beiden Oberklassen der Hinsbecker Schule.

Das Hinsbecker Kinderschützenfest von 1937: Parade auf dem Markt vor dem alten Rathaus.

Foto: VVV Hinsbeck

Zu seinem 30-jährigen Bestehen veranstaltete der Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV) Hinsbeck im Juli 1937 im Rahmen eines Bergfestes neben dem eigentlichen Fest das erste und einzige Hinsbecker Kinderschützenfest. Wie die Rhein & Maas-Zeitung berichtete, war der „Festplatz auf der Heide reich beschickt mit Karussell, Überschlagschaukel, Schießbuden, Erfrischungshallen sowie einem großen Doppelzelt“. Am Montag, dem letzten Festtag, fand das Kinderschützenfest statt.

Die Planungen des Kinderschützenfestes lagen in den Händen des Hinsbecker Lehrers und Ortsgruppenleiters Theodor Dickopf. Er veranstaltete mit den beiden Oberklassen der Hinsbecker Schule (Jahrgang 1923/24) dieses Kinderschützenfest mit Königsvogelschuss, Aufzügen und Parade. Die Niederrheinische Volkszeitung berichtete am 2. Juli 1937: „Als Auftakt zum Kinderschützenfest zog ein Schützenzug unter Vorantritt einer Reiterschar und eines Trommlerkorps nach einem Marsch durch den Ort zu den Höhen, wo das Königsvogelschießen stattfand. Helle Begeisterung herrschte unter den jugendlichen Schützen, als der Bürgermeister und die Lehrer die ersten Schüsse abgaben. Dann legten die Jugendlichen auf den Vogel an, bis es beim 108. Schuß dem Schützen Heinrich Stiels, Hinsbeck-Wevelinghoven, gelang, den Vogel von seiner Höhe zu holen. Unter größter Freude wurde der erste König der jugendlichen Hinsbecker Schützen unter dem Namen ‚Heinrich I.’ zum König proklamiert. Ein Preisvogelschießen sah den jungen Theodor Moortz als besten Schützen des Tages. In geschlossenen Einheiten ging es dann wieder zum Ort, wo der König der gesamten Bürgerschaft auf dem Marktplatze gezeigt wurde. Nun steht dem ‚Großen Fest der Kleinen’ am 12. Juli nichts mehr im Wege.“

Am 14. Juli berichtete die gleiche Zeitung: „Im Rahmen des großen Niederrheinischen Volksfestes fand am Montag in Hinsbeck das große Kinderschützenfest statt. … Kurz nach 5 Uhr traten drei schmucke Kompanien mit Schützenhut und Holzgewehr in einheitlichen, zum Teil historischen Uniformen, an der Schule an. Dem Schützenzug ritten der General [Franz Küpper] und sein Adjutant [Matthias Ploenes] voran. Durch Hinsbeck erklangen flotte Marschweisen, herzlich wurden die Schützen von den zahlreichen Zuschauern begrüßt. Nach der Meldung des kommandierenden Generals wurden die Züge vor der Residenz [im Wevelinghoven] wieder ausgerichtet. König ‚Heinrich I.’ schritt mit seinen Ministern [Egidius Timmermanns und Hans Schatten] die langen Reihen seiner Getreuen ab. Der Zug setzte sich dann in Bewegung. Auf dem Festplatz wurde der König von den Ehrengästen begrüßt. Bald erklang der Präsentiermarsch und in strammer Haltung der einzelnen Offiziere und Mannschaften nahmen der König, die Königin [Mechthilde Dors, Hofdamen Hilde Fenkes und Adele Stammen] Minister und Gefolge sowie Ehrengäste die schmucke Parade ab. Dann begann das Fest des kleinen Volkes in den Festzelten. Alle wurden reichlich bewirtet. Die Musik spielte auf zum Königstanz. Das Herrscherpaar drehte sich über die Tanzfläche. Offiziere und Hofdamen folgten. Unter den Zuschauern befanden sich auch NSDAP-Kreisleiter Niem sowie die Gebietsführer Deinert und Thomas.“

Alles lief genau nach dem Muster der Großen ab, auch wenn diese Schützen noch die Schulbank drücken.

Foto: VVV Hinsbeck

Das Bergfest und insbesondere das Kinderschützenfest wurden ein großer Erfolg. Bei rund 2000 Einwohnern konnten die Veranstalter rund 6000 Besucher begrüßen. Trotz des großen Erfolges wurde das Kinderschützenfest aber nicht wiederholt, da der VVV nicht mit den neuen Machthabern zusammenarbeiten wollte. Und 1939 begann der Zweite Weltkrieg.