Einzelhandel in Nettetal Bauvoranfrage für Discounter in Leuth

Nettetal · Hofläden, eine Bäckerei und eine Tankstelle - mehr Einzelhandel gibt es im Stadtteil Leuth nicht. Ein Investor will nun auf einer Freifläche am Geller Weg ein Gebäude für einen Discounter errichten. Die Bauvoranfrage läuft.

Am Deller Weg liegen die Fischfutterfabrik und die Ludwig-Wolker-Kampfbahn des DJK SF Leuth 1920. Bis zur B221 bietet ein freies Feld genügend Platz für eine Discounter-Ansiedlung.

Foto: Heribert Brinkmann

Verhungern muss in Leuth niemand. Mit ihren Broten und Brötchen sorgt allein die Bäckerei Dückers an der Dorfstraße 102 für die Basis. Aber in der Tat haben die rund 1800 Menschen, die in Leuth leben, keinen richtigen Nahversorger mehr. Außer den Hofläden, der Bäckerei und der PM-Tankstelle an der Geldrische Straße 65a gibt es keinen Lebensmittelladen mehr, weder einen Vollsortimenter noch einen Discounter.

Doch aktuell gibt es einen Vorstoß. Ein Investor, ein Grundstücksinhaber und ein Betreiber sind sich einig, auf einem freien Feld am Deller Weg, zwischen der Bundesstraße 221 und der Fischfutterfabrik Alltech Coppens, ein Gebäude für einen Discounter mit einem Parkplatz zu errichten. „Warum sollte sich die Politik dagegen stellen? Das schadet niemandem“, sagt CDU-Vorsitzender Philipp Heks. Bei der Stadt liegt jetzt eine Bauanfrage vor. Bürgermeister Christian Küsters (Grüne) bleibt aber skeptisch. „Ich weiß, dass Bevölkerung und Politik das wollen. Als Verwaltung nehmen wir das natürlich auf.“ Zuerst will die Verwaltung aber Gespräche mit der Bezirksregierung aufnehmen, um auszuloten, was geht und nicht geht. Er sieht das Problem darin, dass die vorgesehene Fläche im Außenbereich liegt. Der Stadtrat könne zwar einen Bebauungsplan beschließen, wenn aber die Bezirksregierung planungsrechtliche Bedenken anmelde, führe das nicht weiter. Also Gespräche in Düsseldorf abwarten und dann weitersehen.

Auch Ortsvorsteher Willi Ridder (CDU) will erst einmal abwarten. Aber die Unterversorgung mit Lebensmitteln ist für ihn Fakt, Früher habe es mehrere kleinere Lebensmittel-Geschäfte gegeben, die alle mit der Zeit wegfielen. Als im März das Einzelhandelskonzept behandelt wurde, das die BBE Handelsberatung in Köln im Auftrag der Stadt Nettetal entwickelt hat, war für Leuth kein neues Geschäft vorgesehen. Das Kaufkraftpotenzial für eine solche Ansiedlung wurde als zu gering eingeschätzt - wobei die Datenlage intransparent bleibt. Gar nicht einbezogen wurden mögliche Kunden aus den nahe gelegenen Niederlanden. Nach der Diskussion im Ausschuss für Stadtplanung und Mobilität im März wurde im Konzept dieser Passus mit der Nicht-Empfehlung gestrichen. Bereits vorher haben sich etliche Leuther Bürger bei der Verwaltung gemeldet und gegen dieses Einzelhandelskonzept Einspruch erhoben.

Mit Erfolg, vor allem in der Politik. Ob das Ansinnen jetzt bei der Bezirksregierung durchkommt, ist die weitaus schwierigere Frage. Geht es hier bloß um ein Kirchturmdenken? Wie haben es die Leuther bisher geschafft, einen leeren Kühlschrank zu vermeiden und nicht am Hungertuch zu nagen? Die Supermarkt-Dichte an der Poststraße in Kaldenkirchen ist nur zweieinhalb Kilometer von Leuth entfernt. Mit viel Nachbarschaftshilfe und Serviceangeboten des Handels konnte bisher vieles aufgefangen werden. 2020 gab es einen mobilen Dorfladen, der Leuth regelmäßig anfuhr und an der katholischen Kirche von 9 bis 10.30 Uhr auf Kunden wartete. Manfred Meis, Vorsitzender des VVV Leuth, verweist aber noch auf einen anderen Punkt: Der fehlende Einzelhandel in Leuth schrecke viele potenzielle Neubürger und Investoren ab, sich in Leuth anzusiedeln. „Die Frage wird uns immer wieder gestellt. Das macht uns Sorge“, so Meis.

Als goldene Zeit erscheint dagegen die Vergangenheit vor 30, 40 Jahren mit der Metzgerei und dem Lebensmittelladen von Finchen Drießen und Hans Cox. Als sich beide zur Ruhe setzten, zog für einige Zeit ein kleiner Rewe-Markt in die Räume, dann übernahm ein Drogeriemarkt von Schlecker den Standort am Hampoel - bis zur Insolvenz 2012. Die Immobilie wurde zu Wohnungen umgebaut. Als im März 2020 die Filiale der Sparkasse in Leuth schloss und auch die Volksbank zumachte, wurde darauf verwiesen, dass man sich im Einzelhandel mit Bargeld versorgen könne. Denn auch die Geldautomaten waren abgebaut worden, der Sparkassenbus fährt Leuth nach wie vor nicht an. Der staatlich anerkannte Erholungsort Leuth bleibt vorerst abgehängt.