Duitsland-Niederlande-Huis in Venlo Die Frau, die den Nachbarn Deutsch näher bringen soll
Venlo · Sich in niederländischen Städten entlang der Grenze auf Deutsch zu verständigen, bereitet bis jetzt wenig Probleme. Doch viele jüngere Niederländer beherrschen Deutsch nicht mehr. Nina Krockow versucht in Venlo, gegenzusteuern.
Das Duitsland-Niederlande-Huis ist kein Haus aus Stein, sondern eine Idee, mehr noch: ein Projekt mit konkreten Inhalten. Die Grundidee des Duitsland-Niederlande-Huis – und seine Leiterin Nina Krockow legt Wert auf die zweisprachige Schreibweise – war es, die Venloer wieder mehr in Kontakt mit deutscher Literatur, Kultur, Sprache und Wirtschaft und Verwaltung zu bringen. „Das alles scheint vielleicht selbstverständlich zu sein“, sagt Krockow, „aber das ist es nicht.“ Nur noch wenige Menschen in den Niederlanden lernen in der Schulzeit die deutsche Sprache, seitdem dieses Fach an vielen Schulen nicht mehr gelehrt wird. Die meisten Menschen unter 30 verstehen und sprechen daher kein Deutsch mehr. Viele Niederländer orientieren sich überdies, so Krockow, eher hin zu den Großstädten im Westen der Niederlande als nach Osten in die deutschen Städte.
Initiiert wurde das Duitsland-Niederlande-Huis 2019 von der Gemeinde Venlo, die es auch finanziert. Für die Durchführung ist die Bibliothek Venlo zuständig. Die Corona-Pandemie stoppte die Entwicklung des Projektes zeitweilig. Aber seit Februar 2023 ist Nina Krockow mit einem kleinen Stundenkontingent dafür zuständig und verantwortlich, das Projekt Duitsland-Niederlande-Huis mit viel Leben zu füllen.
Krockow ist die Person gewordene Verbindung zwischen den beiden Nachbarstaaten Deutschland und den Niederlanden: Vor 51 Jahren in Deutschland geboren, wuchs sie in Düsseldorf auf und studierte an der Heinrich-Heine-Universität Allgemeine Sprachwissenschaft, Medien- und Informationswissenschaft. Nach zahlreichen Auslandsaufenthalten verlegte sie 1997 – zunächst der Liebe wegen – ihren Lebensmittelpunkt in die Niederlande. Dort ist sie geblieben. Krockow lebt nördlich von Venlo. Dort ist sie selbstständig in ihrer Firma für Marketing und Kommunikation tätig.
Die Sprache ist eine Grundlage für den Austausch zwischen den Nachbarländern. Schon allein aus diesem Grund lag es nahe, das Duitsland-Niederlande-Huis in der Bibliothek zu verorten. Es gibt weitere Gründe, erklärt Krockow. Die Bibliotheken stehen mitten in der Gesellschaft. „Die Bibliotheken in den Niederlanden haben eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, sie sind Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger jeden Alters.“ Hier können Menschen beispielsweise kostenlose Sprachkurse absolvieren.
Da ist das Projekt Duitsland-Niederlande-Huis gut angedockt. Mit vielen Angeboten. Gerade hat Nina Krockow eine Ausstellung ins Haus geholt. Bis zum 31. Juli ist „Komplett Kafka“ mit 15 Zeichnungen, die das Leben und Werk von Kafka zeigen, zu sehen. Büchertische mit Kafka-Literatur in deutscher und niederländischer Sprache komplettieren die Präsentation ebenso wie ein Zeichenkurs oder verschiedene Vorträge zum Thema Kafka.
Was das Duitsland-Niederlande-Huis außerdem anbietet, ist eine Art praktische Lebenshilfe für Grenzgänger: Unter dem Titel „GrensInfo“ finden Veranstaltungen zum Thema „Arbeiten in Deutschland“ statt. Hier erläutern Experten, welche Vor- und Nachteile und welche Karrieremöglichkeiten es gibt, wenn Niederländer in Deutschland tätig sind. „Die Bevölkerung ist darüber unzureichend informiert“, erklärt Krockow.
In engem Zusammenhang mit diesem Thema steht die Informationsveranstaltung zum Thema Rentenbezug aus Deutschland. Ein anderes Thema ist das deutsch-niederländische Erbrecht, das an einem Abend behandelt wird. Interessant für Menschen, die auf der einen Seite der Grenze wohnen, ihre Familie auf der anderen Seite haben.
Krockow organisiert auch anderes: Ein Kneipenquiz zur Fußballeuropameisterschaft fand großen Anklang bei deutschen und niederländischen Teams. Ein regelmäßig angebotener Poesie-Rundgang durch Venlo ist ein weiteres Highlight.