Ukrainer in Meerbusch Sprache als Basis für den Unterricht
Meerbusch · Die Stiftung Büderich organisiert an mehreren Meerbuscher Schulen zusätzlichen Unterricht für junge Flüchtlinge. Die Betreuung in Kleingruppen zeigt Erfolg.
Deutschen Muttersprachlern fallen Passivkonstruktionen, Modalverben und Partizipien im Alltag meist leicht – man wendet sie dem Sprachgefühl entsprechend richtig an. Wie kompliziert die Theorie dahinter aber ist, hat Jutta Güttes am eigenen Leib festgestellt. Im Auftrag der Stiftung Büderich leitet sie für das Projekt „Gemeinsam in Meerbusch – Sprachförderung Deutsch als Zweitsprache für Kinder und Jugendliche“ einen Deutschkurs am Mataré-Gymnasium für Schüler, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind.
Solche Kurse werden von der Stiftung seit zwei Jahren an sieben der Meerbuscher Grundschulen, dem Büdericher Mataré sowie der Maria-Montessori-Gesamtschule angeboten. Zielgruppe waren anfangs Schüler aus der Ukraine. Mit der Zeit haben wir das Angebot auf alle Schüler ohne Deutschkenntnisse aller Herkunftsländer erweitert; sowohl Geflüchtete als auch Neuzugereiste, aktuell nehmen 50 bis 60 Kinder und Jugendliche teil.
Am Mataré besteht der Kurs aktuell aus vier Mädchen, die zweimal in der Woche nach dem Unterricht anderthalb Stunden mit Jutta Güttes lernen. Es geht um Grammatik und Wortschatz, aber auch um das Verständnis der deutschen Gesellschaft und die Probleme, die den Schülern im Alltag begegnen.
„Die Mädchen sind sehr motiviert, haben Lust auf den nachmittäglichen Unterricht. Es ist genial, wie schnell sie komplexe Inhalte verstehen“, sagt Gütters. Durch die geringen Gruppengrößen hat sie mehr Gelegenheit, auf die einzelnen Schüler einzugehen, als es in den Klassenverbänden der Fall ist.
Die Mädchen, in der fünften bis neunten Klasse, nehmen dort am regulären Unterricht teil. Seit zwei Jahren sind sie in Deutschland und sprechen inzwischen gut, dennoch fällt es teilweise in einigen Fächern schwer, den Unterrichtsinhalten zu folgen. „In Mathe müssen wir nicht nur die Regeln verstehen, sondern eben auch die Worte“, beschreibt eine der Schülerinnen die Herausforderungen, vor denen sie stehen. Und wenn ein Fachwort dann nicht bekannt ist, passiert es schnell, dass die jungen Ukrainer den Faden verlieren. Deswegen hilft Güttes auch hier, verpasste Inhalte aufzuholen.
Mehrere Schüler kommen
nun im Regelunterricht gut mit
Den Pool der Lehrkräfte, die an den Meerbuscher Schulen aktiv sind, rekrutiert die Stiftung Büderich aus ganz verschiedenen Gruppen: Mit dabei sind pensionierte Lehrer, aber auch Lehramtsstudenten oder Menschen, die, wie Jutta Güttes, aus dem Nachhilfebereich kommen. „Wir organisieren dieses Angebot in Absprache und Kooperation mit den Schulen und passen es den Gegebenheiten an. Die Stunden sollen eine Ergänzung zum Unterricht sein“, sagt Betül Schulz, Projektleiterin der Stiftung Büderich.
Und dieses Bemühen zeigt Wirkung: Mehrere Schüler haben den Zusatzkurs bereits verlassen, kommen im Regelunterricht gut mit. Die, die noch da sind, sprechen ebenfalls inzwischen sehr gutes Deutsch, geben sich viel Mühe. „Deutsch ist eine schwierige Sprache“, finden die Mädchen. Im Ukrainischen gibt es keine Artikel, das Geschlecht der Wörter wird über eine angehängte Endung ausgedrückt. „Ich würde sagen, das Ukrainische ist schwieriger als Englisch, aber einfacher als Deutsch“, ordnen die Gymnasiasten ein.
Jutta Güttes ist begeistert vom Einsatz ihrer Schützlinge, etwa, wenn es darum geht, Themen selbstständig zu recherchieren. Aber: „Jüngeren Schülern fällt der Spracherwerb generell leichter als älteren Jugendlichen. Und auch der soziale Anschluss gelingt etwa im Grundschulalter meist besser“, weiß Betül Schulz. Das führt häufig zu Unsicherheit und Demotivation.
Vielen jungen Ukrainern, die weiterführende Schulen besuchen, fällt es auch nach zwei Jahren in Deutschland noch schwer, sich in die Klassengemeinschaften zu integrieren. Auch hier ist es wichtig, schnell gute Sprachkenntnisse zu erwerben, um besser mit Gleichaltrigen kommunizieren zu können.
„Die Zusatzkurse sind für die Schüler auch wichtig, um Selbstvertrauen aufzubauen“, sagt Schulz. Die Stiftung Büderich bietet zudem Mathe-Kurse für die jungen Ukrainer an, und „Deutsch als Bildungssprache“, wo es, anders als bei Deutsch als Zweitsprache um fachspezfifische Themen geht, etwa Gedichtinterpretation, oder Bildbeschreibungen. Dazu kommen Kurse in der Zweitförderung, also bei Schülern, die zwar in Deutschland geboren sind, aber noch Schwierigkeiten mit der Bildungssprache haben. Außerdem werden die Lehrkräfte im Umgang mit Schülern geschult, die Traumatisches erlebt haben.