Politik soll Jugend mehr beteiligen
Ein Praktikum soll bei Nettetaler Schülern das Interesse an Politik wecken.
NettetaL Die Jungsozialisten der SPD oder auch die Jungen Liberalen der FDP machen in Nettetal kaum von sich reden. Lediglich die Junge Union der CDU meldet sich gelegentlich zu Wort — und bewirkt etwas: So soll jetzt der Vorschlag der Jungen Union umgesetzt werden, ein „Kommunalpolitisches Praktikum“ für Schüler zu ermöglichen. Ein entsprechender Konzeptentwurf wurde im jüngsten Jugendhilfeausschuss beschlossen. Allerdings sind viele Fragen offen.
„Das ist Politik zum Anfassen, wir wollen bei Jugendlichen Lust auf Politik wecken“, warb Armin Schönfelder für den Konzeptentwurf, der auf dem Vorschlag der Jungen Union von 2013 und den Empfehlungen der CDU von 2014 basiert und sich an den Erfahrungen der Stadt Viersen orientiert.
Nettetals Erster Beigeordneter Schönfelder stellte nun die Eckpunkte des Kommunalpolitischen Praktikums für Schüler der weiterführenden Schulen vor: Demnach soll es zwei sogenannte Module geben. Im ersten geht es um Grundsätzliches — vermittelt durch eine Informationsveranstaltung. Im zweiten Modul steht dann Konkretes an. So könnte die Ausarbeitung eines Themenentwurfs in der Verwaltung bis zur Beschlussfassung in den politischen Gremien begleitet werden. Weil sich die Praktikanten da aktiv einbringen können, erhofft sich Schönfelder „einen Gewinn auch für uns“.
Als viel zu vage wertete Andreas Zorn (WIN) den Entwurf: „Wir fordern genauere Vorgaben etwa über Teilnehmerzahlen, über Zeit und Dauer des Praktikums, für das es am Ende ein Zertifikat geben sollte.“ Zwar meinte Jürgen Boyxen (CDU), die konkrete Ausarbeitung des Konzeptentwurfs könne man getrost „der Kreativität der Verwaltung überlassen“. Aber Zorn verwies darauf, man müsse Anreize bieten angesichts der Politikmüdigkeit unter jungen Leuten: „In Nettetal sieht’s ja bei jugendpolitischen Organisationen ziemlich mau aus.“
So dramatisch sieht die Verwaltung die Situation nicht und beruft sich in ihrem Papier auf die Studie der Hochschule Niederrhein „Jugend und Kommunalpolitik“, die in Nettetal bei „rund 42 Prozent der Befragten ein grundsätzliches Interesse an Politik“ festgestellt habe. Dass hingegen in der Seenstadt laut der Studie „45 Prozent der Befragten wenig Interesse an Politik“ haben, erwähnt die Verwaltung ebenso wenig wie die Kritik der Studienverfasser, Politik und Verwaltung in Nettetal seien in ihrer Informationsvermittlung nicht jugendgerecht genug.
Co-Autor Dennis Rothstein hatte deshalb bei der Vorstellung der Studie im März 2015 empfohlen, Politiker sollten sich regelmäßig den Diskussionen mit Schülern stellen. Anlass für die Studie war die Veranstaltung „Bock auf Wahl“, bei der sich vor der vergangenen Kommunalwahl Kandidaten der Parteien den Fragen Jugendlicher stellten. Dabei war die Forderung nach einem Jugendparlament laut geworden — das es in Nettetal bis heute nicht gibt. Grund genug für Zorn, mehr demokratische Strukturen zu fordern; Jugendparlament und Einwohnerfragestunde vor Sitzungen der Ausschüsse seien in anderen Gemeinden längst üblich. Zunächst aber soll das „Kommunalpolitische Praktikum“ jungen Menschen den Weg „zu einer partnerschaftlichen und selbstbestimmten Teilhabe“ ermöglichen, wie die Studie empfohlen hatte. Der Ausschuss beauftragte die Verwaltung, mit den weiterführenden Schulen zu beraten. Das Praktikum soll ab Herbst beginnen. Neben Jugendorganisationen sollen die Schulen Ansprechpartner sein.