Stress im Beruf: Immer mehr Menschen krank
Der Niederrhein steht im Vergleich zu Bund und Land schlechter da, belegt der neueste Report der DAK.
Niederrhein. Am Niederrhein werden immer mehr Menschen krank. Die beruflichen Ausfalltage nahmen aufgrund von Erkrankungen in 2011 um 0,5 Prozentpunkte zu; der Krankenstand lag bei 3,9 Prozent. Im Vergleich: Land und Bund verzeichneten 3,5 und 3,6 Prozent. Dies besagt der neue Gesundheitsreport der DAK-Gesundheit.
„Damit waren an jedem Tag des vergangenen Jahres von 1000 DAK-Versicherten 39 krankgeschrieben“, sagt Christian Lipinski, der Leiter des Servicezentrums der Kasse. „Der höchste Wert in NRW wurde mit 4,9 Prozent in Gelsenkirchen und Bottrop verzeichnet. Am besten sind die Werte in Köln und der Region Düsseldorf mit 3,0.“ Der Niederrhein mit Krefeld, Mönchengladbach und Viersen rangiert an fünftschlechtester Stelle in NRW.
Die meisten Kranken haben Beschwerden im Muskel-Skelett-System (21,8 Prozent). Sie sind der absolute Spitzenreiter. Rückenschmerzen gehören dazu. „Die psychischen Erkrankungen (17,4) hingegen erlangen eine immer größere Rolle. Der Anstieg um rund 37 Prozent verdeutlicht dies“, erklärt der Fachmann. „Hier haben wir mehr Fälle und auch eine längere Erkrankungsdauer registriert.“
Dr. Helmut Eich, Chefarzt
Dazu ergänzt Dr. Helmut Eich, Chefarzt im Krefelder Alexianer Krankenhaus: „Wir sehen den Anstieg in Nervosität, Angstzuständen und Überbelastungen wie Burn-out. Die berufliche Belastung wird größer. Immer mehr muss in der gleichen Zeit erledigt werden.“ Probleme mit dem Atmungssystem (14,4 Prozent) liegen an dritter Stelle. Auch bei diesen drei genannten Erkrankungen steht der Niederrhein schlechter als der Landesdurchschnitt da.
Die Höhe des Krankenstandes in der Region erfordere Handlungsbedarf, erklärt Lipinski weiter. „Gesund leben und arbeiten gehören zusammen. Die Menschen müssen auch selbst Prävention betreiben.“ Jedoch werde beobachtet, dass dies nicht geschehe. Die Arbeitgeber hingegen können über ein Gesundheitsmanagement den Krankenstand im Unternehmen beeinflussen.
„Die Firmenchefs stehen dem offen gegenüber, zumal sie um den drohenden Fachkräftemangel wissen“, betont Frank Weiß, der Leiter von KreVital, dem Institut für Gesundheitsförderung in Krefeld. „Gerade größere Unternehmen hegen und pflegen ihre guten Leute. Den kleineren Betrieben fehlen oft die Ressourcen.“ Er sieht in der hohen Arbeitslosenquote, dem höheren Altersniveau und größeren familiären Belastungen Zeichen für das schlechte Abschneiden der Region.
Wichtig ist auch die Tatsache, dass eine fehlende Belohnung im Beruf krank macht. Nach einer repräsentativen Umfrage leiden in NRW 9,7 Prozent der Berufstätigen an einer so genannten Gratifikationskrise. Vor allem Facharbeiter sind betroffen. Lipinski: „Die Menschen haben Stress im Job, weil sie für ihre Anstrengungen im Beruf nicht richtig belohnt werden.“ Gratifikationskrisen entstehen, wenn Zeitdruck, Störungen, Verantwortung und Überstunden beispielsweise nicht durch Anerkennung von Vorgesetzten und Kollegen, gute Aufstiegschancen und einen sicheren Arbeitsplatz belohnt werden.
Derartige Krisen erhöhen das Risiko für Herzkrankheiten und -infarkt. Letztere ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Dazu Dr. Andreas Schwalen, ebenfalls Chefarzt im Alexianer Krankenhaus: „Zwar steigt die Häufigkeit der Herzinfarkte deutlich, wir können damit jedoch viel besser umgehen. Vom Symptom zum Herzkatheter-Tisch geht es ganz schnell. Hier sterben nur drei bis fünf Prozent der Patienten. Vor dem Krankenhaus sind es etwa 30 Prozent.“