Fensterstreit in Viersen Originelle Lösung für Fensterproblem

Viersen · Ein Anwohner aus Viersen-Dülken ärgert sich: Im Denkmal gegenüber wurden unrechtmäßig die zugemauerten Fenster geöffnet. Die Stadt gab ihm recht, ordnete die Schließung an. Die Eigentümerin reagierte anders als gedacht.

Auf den ersten Blick kaum zu erkennen: Die Fensteröffnungen wurden mit tapezierten Platten verschlossen.

Foto: Berger

Auf den ersten Blick erscheint alles in Ordnung. Wenn Michael Berger von der Dachterrasse gegenüber auf die ehemaligen Gerhard Mevissensche Flachs-Zwirnerei und Spinnerei in Viersen-Dülken blickt, dann sieht er die Gebäude der denkmalgeschützten Anlage. Er blickt auf eine Giebelwand mit zugemauerten Fenstern. Aber der Schein trügt: Die Fenster sind nicht zugemauert, sondern zutapeziert. Und darüber kann Berger nur den Kopf schütteln.

Mitte 2019 starteten an dem denkmalgeschützten Gebäude Sanierungsmaßnahmen, die Berger mit Interesse verfolgte. Im Zuge dieser Maßnahmen musste er Anfang des Jahres feststellen, dass die geschlossenen Fenster an der Giebelwand geöffnet wurden. „Ich habe mich an die Bauaufsicht der Stadt Viersen gewandt, da es sich zum einem um eine Brandschutzmauer handelt, die keine Öffnungen aufweisen darf. Zum anderen ist es ein denkmalgeschütztes Gebäude, an dem ja nicht ohne weiteres Veränderungen vorgenommen werden dürfen“, sagt Berger. Per E-Mail schickte der Viersener direkt Fotos mit.

Am 3. März 2020 erhielt er von einem Mitarbeiter der Rechtlichen Bauaufsicht der Stadt Viersen eine Antwort per E-Mail. Darin hieß es: „Ich habe mit heutigem Schreiben die Eigentümerin des v. g. Grundstückes aufgefordert, die Öffnungen innerhalb von sechs Wochen ordnungsgemäß schließen zu lassen. Bei Rückfragen können Sie sich jederzeit an mich wenden“. Berger wartete und schaute. Doch es tat sich nichts. Nach sechs Wochen wandte er sich erneut an den Fachbereich und schickte als Beweis ein aktuell aufgenommenes Foto mit, das die Giebelwand mit ihren geöffneten Fensteröffnungen zeigte. Am 27. April hieß es dann von städtischer Seite: „Die Öffnungen in der Gebäudeabschlusswand waren ehemals verschlossen und müssen es auch heute sein. Der Brandschutz ist hier gegenüber dem Denkmalschutz vorrangig, dennoch soll dieser beachtet werden. Ein entsprechendes ordnungsbehördliches Verfahren habe ich gegen die Eigentümerin eingeleitet.“ Darauf geschah nichts mehr.

Erst waren die Fenster geschlossen, dann Anfang des Jahres geöffnet – obwohl sie das nicht hätten sein dürfen. Dann folgten Platten und Tapete.

Foto: Michael Berger

Auf Anfragen teilte die Pressestelle der Stadt Viersen mit: „Die angesprochenen Fensteröffnungen müssen wieder verschlossen werden. Das entsprechende bauordnungsrechtliche Verfahren wurde im Mai durch die Bauaufsichtsbehörde ­eingeleitet.“

Eine Umsetzung erfolgte nun tatsächlich, nur wurden die Fensteröffnungen der Giebelseite des denkmalgeschützten Komplexes eben nicht zugemauert, sondern zutapeziert. „Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich auf der Dachterrasse stand und hinüber blickte“, sagt Berger. Ihm fiel als erstes die Gleichmäßigkeit der gesetzten Steine auf. Überall wechselten sich kleine und große Steine in den Fenstern so identisch ab, dass es ihm merkwürdig vorkam.

Der Verdacht, dass es sich um eine Tapete mit Klinkermuster handelt, bestätigte sich: An der Ecke eines Fensters hatte sich die Tapete gelöst und flatterte im Wind. Statt mit Klinker zugemauerter Fenster sind es Platten, die mit der Tapete im Klinkermuster beklebt worden sind. Michael Berger ist fassungslos. Eine erneute Nachfrage bei der Stadt Viersen brachte die Antwort, dass man dem weiter nachgehen würde.

Eigentümerin betont, es handele sich nur um ein Provisorium

Die Eigentümerin des Gebäudes, die öffentlich nicht benannt werden will, erklärt auf Anfrage: „Ich bin absoluter Denkmalfan und möchte das Gebäude der ehemaligen Flachs-Zwirnerei originalgetreu restaurieren. Die oberen Teile stehen seit circa 100 Jahren leer und sind momentan als Ruine anzusehen.“ Bei den meisten Mauern der Fenster habe sich der Mörtel im Laufe der Zeit gelöst, und die Mauern seien oberhalb nach innen gekippt. „Viele der eingesetzten Backsteine lagen bereits auf den Böden“,sagt sie. Beim Sandstrahlen hätten die Fenster weiter an Stabilität verloren. „Die entnommenen Ziegelsteine der Fenster wurden zur Restauration verwendet, die vorübergehende Öffnung der Fenster sollte zur Trocknung und Belüftung beitragen.“

Es habe vor Ort Besprechungen mit der Bauaufsicht gegeben. „Bedingt durch Corona sind die weiteren Sanierungs- und Baumaßnahmen verzögert“, deshalb seien die Öffnungen nun vorübergehend mit Brandschutzplatten geschlossen worden, bis es weiter geht. „Damit die Nachbarn nicht ständig auf die grünen Platten schauen müssen“, sei die Tapete als Dekoration angebracht worden.