Ab 2024 Bioabfälle werden bald zur Stromerzeugung genutzt
Kamp-Lintfort/Kreis Viersen · Bioabfälle aus dem Kreis Viersen werden von 2024 an nicht mehr in Viersen behandelt, sondern in Kamp Lintfort. Am Mittwoch wurde der Grundstein für die klimaschonende Anlage gelegt. Aber was wird aus dem Standort in Viersen?
Der Grundstein für die künftige Behandlung von rund 35 000 Tonnen Bioabfall jährlich aus dem Kreis Viersen ist gelegt: Landrat Andreas Coenen (CDU) und der Weseler Landrat Ingo Brohl (CDU) übernahmen jetzt diesen symbolischen Akt – wobei es sich für Brohl, wie er sagte, „mehr wie ein Richtfest“ anfühlte. So weit ist die Baumaßnahme für die gemeinsame Bioabfallbehandlungsanlage der beiden Kreise auf dem Areal des Abfallentsorgungszentrums Asdonkshof in Kamp-Lintfort bereits vorangeschritten. Der Bau der Anlage mit Vergärungsstufe zur Gewinnung von Biogas und Erzeugung von Kompost liegt laut Bauherren, dem Bioabfallverband Niederrhein, voll im Zeitplan – wenn man unterschlägt, dass sich der Baustart um drei Jahre verzögerte. Ursprünglich hätte die Anlage im Januar 2021 ihren Betrieb aufnehmen sollen. Das soll nun im Jahr 2024 geschehen. Das Besondere an der künftigen Behandlung des Bioabfalls aus dem Kreis Viersen: Er wird zu Teilen vergärt, daraus können klimaschonend Gas und Strom gewonnen werden. Das war am bisherigen Standort in Viersen-Süchteln nicht möglich, eine Biogas-Anlage war dort laut Aussage des Kreises nicht genehmigungsfähig.
Rund 23 000 Tonnen Bioabfälle sollen in die Vergärung gehen
Die Bürger werden sich umgewöhnen müssen: Bislang dürfen gekochte Essensreste nicht in die Biotonne – nimmt die neue Anlage ihren Betrieb auf, sind sie hoch willkommen, weil sie mehr Biogas produzieren.
Coenen erinnerte sich am Mittwoch daran, wie er vor einigen Jahren mit Vertretern des Kreises Wesel auf dem Dach der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof gestanden habe und „wir dort oben darüber gesponnen haben, dass wir zusammenarbeiten wollen“. Zusammenarbeit sei heute mehr denn je das Gebot der Stunde. „Wir sind einen Schritt in die richtige Richtung gegangen“, sagte Coenen. Mit der Gründung des Bioabfallverbandes Niederrhein sei diese auf Dauer angelegt worden. Baustart für die Bioabfallbehandlungsanlage mit Vergärungsstufe zur Biogasgewinnung und Komposterzeugung war im vergangenen Dezember. Von 2024 an sollen dort die derzeit rund 67 000 Tonnen Bioabfälle der beiden Kreise zu Biogas und hochwertigen Komposten erzeugt werden. Das beim Vergärungsprozess entstehende Biogas wird in zwei Blockheizkraftwerken verstromt und ins Stromnetz eingespeist. Rund 23 000 Tonnen Bioabfälle sollen in die Vergärung gehen. Auf diese Weise will der Bioabfallverband etwa sechs Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. „Dadurch leisten wir einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz“, betonte der Viersener Landrat Andreas Coenen. Von dem müssen allerdings noch die Emissionen der Lkw-Fahrten mit den Bioabfällen aus dem Kreis Viersen nach Kamp-Lintfort abgezogen werden. Nach der Inbetriebnahme der Anlage könnten Treibhausgase in einer Größenordnung von rund 10 000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr vermieden werden.
Flüssige Gärreste werden durch die neue Anlage vermieden
Die Vorteile der neuen Anlage sieht der Verband, der von den Kreisen Wesel und Viersen gegründet wurde, in der Biogasausbeute, der Vermeidung flüssiger Gärreste und der Produktion von hochwertigem Kompost. „Besonders die abwasserfreie Vergärung hilft beim Schutz des Grundwassers“, erläuterte Brohl den Hintergrund. Aus seiner Sicht ergänzt die im Bau befindliche Bioabfallbehandlungsanlage den Standort der Kreis Weseler Abfallgesellschaft optimal. Das Investitionsvolumen für die Bioabfallbehandlung beläuft sich auf rund 35 Millionen Euro netto. Bei der Vorstellung der Pläne vor fünf Jahren war von knapp 33 Millionen Euro die Rede. Das Projekt wird durch das Bundesumweltministerium als Modellprojekt gefördert. In den Grundstein wurde eine Zeitkapsel eingemauert. Darin befinden sich die Beschlüsse der Kreistage Viersen und Wesel zur Gründung des Bioabfallverbandes Niederrhein vom 30. Juni 2016 sowie die Genehmigung der Bezirksregierung für den Bau vom 9. August 2016.
Und was wird aus dem vom privaten Unternehmen Reterra betriebenen Standort in Süchteln? „Wir haben den Standort langfristig von der EGN gepachtet und werden ihn nicht aufgeben“, kündigte Barbara Junker, Geschäftsleiterin Reterra Rheinland, an. „Wir werden uns in Viersen neu aufstellen und versuchen, Bioabfälle aus anderen Kommunen aufzubereiten.“