Hilfsverein aus Viersen Freunde von Kanew ziehen um
Dülken. · Der Verein muss das alte Lager an der Wasserstraße aufgeben. Jetzt steht ein Umzug in die Talstraße an.
Wenn Mohammad Faruq Faruqi gefragt wird, wie oft er schon in Kanew war, dann muss der Lagerleiter des Vereins Freunde von Kanew nicht lange überlegen. Zwölfmal weilte er schon in der ukrainischen Stadt. „Die Menschen dort wissen, dass ich der Lagerleiter in Viersen bin. Von den unterschiedlichen Vereinen und Organisationen kommen vor Ort immer Anfragen, ob ich dies oder das im Lager habe oder besorgen könnte. Wenn ich wieder daheim bin, versuche ich, die gewünschten Gegenstände beim nächsten Transport mit auf die Reise zu schicken. Ich weiß genau, wo was ankommt und wie wir helfen“, sagt Faruq Faruqi.
Jeder einzelne Gegenstand geht durch seine Hände. Jedes Paket wird explizit beschriftet und zugewiesen, was auch für größere Gegenstände wie Krankenbetten, Rollstühle und Co gilt. „Das ist für die Zollformalitäten unabdingbar“, erläutert der Vereinsvorsitzende Paul Schrömbges. Die Arbeit ihres Lagermeisters könne gar nicht hoch genug geschätzt werden, fügt er an.
Der Verein könnte in Kanew nicht in der bestehenden Form helfen, wenn die Viersener Spendenbereitschaft nicht gegeben wäre. So kann rund alle drei Monate ein 12-Tonner mit Sachgütern verladen werden, und es ist den Freunden von Kanew auch noch möglich, die Personalkosten eines Rehacenters mitzutragen und durch Patenschaften Senioren eine Rentenunterstützung zukommen zu lassen. „Die Armut und die Zustände, die trotz unserer Hilfe immer noch herrschen, kann man sich in Viersen gar nicht vorstellen“, sagt Vorstandsmitglied Valerij Eske, der aufgrund seiner russischen Sprachkenntnisse als Übersetzter fungiert. Die Absprache, was in Kanew benötigt wird, ist dabei unabdingbar. „Wir leisten Hilfe, die wirklich ankommt. Wir haben den Blick auf Kanew“, betont Vorstandsmitglied Uwe Zöllner, der selber schon sieben Mal mit vor Ort war.
Alles muss den Gegebenheiten angepasst werden. Elektrische Krankenbetten, die mit auf die Reise gingen, waren zwar gut gemeint. Aber sie legten, da sie Strom benötigen, die gesamte Stromversorgung des Krankenhauses lahm. Hochmoderne Gerätschaften, gerade im medizinischen Bereich, sind ebenfalls problematisch, da es in der Ukraine dafür keine Ersatzteile gibt, wenn etwas kaputt geht.
Aber nicht nur die Hilfe zeichnet den Verein aus, sondern die zwischenmenschlichen Beziehungen. „Wir heißen nicht nur Freunde von Kanew. Wir sind wirkliche Freunde geworden. Es haben sich viele persönliche Beziehungen aufgebaut“, sagt Helmut Heyer vom Vorstand. Er selber reiste 1998 zum ersten Mal mit nach Kanew. Kein fließendes Wasser, elektrisches Licht für gerade einmal vier Stunden, Temperaturen von minus 20 Grad und Familien, die in kleinen Wohnungen mit sieben Personen lebten. Trotz dieser Widrigkeiten herrscht eine mehr als nur herzliche Aufnahme und eine große Bereitschaft, Gäste aus Viersen in den eigenen Familien aufzunehmen. „Jedes Mal, wenn wir nach Kanew reisen, werden wir an der Stadtgrenze von der Stadtspitze im Beisein von Frauen in Folklorekleidern mit Brot und Salz begrüßt. Wenn wir abreisen, finden sich beim Bürgermeister etliche Menschen ein, die uns mit Taschentüchern und Tränen in den Augen einen Abschiedsgruß winken“, erzählt Schrömbges. Ganz wichtig: Die Delegation des Vereins zahlt die Reise komplett aus der eigenen Tasche.
Aktuell steht der Verein in Dülken vor einer neuen Aufgabe. Ein Umzug ist angesagt. Das alte Lager an der Wasserstraße 14 muss aufgegeben werden. Das neue Lager befindet sich an der Talstraße 27. „Wir sind froh, neue Räume gefunden zu haben, wenngleich wir uns von 500 auf 300 Quadratmeter verkleinern. Wir hoffen, dass wir eventuell Hochregale organisieren können, um die Lagerkapazität zu erhöhen“, sagt Schrömbges. Generell freut sich der Verein über jedwede Unterstützung, auch personell. Ein Ehrenamtlicher, der sich um Homepage und Facebook kümmern könnte, wird aktuell gesucht.