Kreis Viersen Inklusionshelfer stellen sich neuen Aufgaben

Kreis Viersen. · Ein Arbeitskreis setzt sich für bessere Freizeitgestaltung für behinderte, Hilfe beim Tanken und in Geschäften ein – mit vielen Erfolgen.

Roman Wittpahl („Viersen für alle“) sitzt im Spezialboot von Adolf Hammans (l.), das mit einer Handkurbel angetrieben wird.

Foto: André Sole-Bergers Lebenshilfe Kreis Viersen

Der Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember ist jedes Jahr ein wichtiges Datum, um die Probleme der Betroffenen und die Schwierigkeiten von Inklusion im Alltag in den Blick zu rücken. Er sei ungemein wichtig, findet André Sole-Bergers. Auf seiner Visitenkarte von der Lebenshilfe Kreis Viersen steht „Inklusionsmanager“. Als Spezialist für Inklusion erlebt er mit der gemeinsamen Initiative „Viersen für alle“ jeden Tag Herausforderungen, aber auch Erfolge.

Die Aktion Mensch unterstützt das Viersener Projekt für drei Jahre. Seit August 2018 ist ein Team von 18 Behinderten und Mitarbeitern dabei, im Kreis Barrieren auszumachen und zu überwinden. Dabei geht es um bauliche Fragen, aber auch um Leichte Sprache und den Abbau von Barrieren in Kultur und Freizeit. Mit der Aktion Funkklingel startete die Initiative mit dem Werbering in Kempen ein sehr erfolgreiches Projekt. Ein Klingel neben einem entsprechenden Schild ermöglicht es Rollstuhlfahrern, aber auch Eltern mit Kinderwagen oder Senioren mit Rollatoren, im Geschäft um Hilfe zu bitten. In beteiligten Geschäften weiß man dann, dass Kunden vor der Tür Hilfe brauchen.

60 solcher Klingeln gibt es bereits in Kempen, auch Kaldenkirchen und Lobberich haben sich angeschlossen, In Brüggen-Bracht gibt es 30 solcher Funkklingeln, angeschafft von der Stadt. Einige Einzelhändler haben sogar eine mobile Rampe angeschafft, mit dem ein bis zwei Stufen überwunden werden können. Auch der Werbering in Viersen zeigt Interesse, ist aber noch in internen Überlegungen.

Das neueste Angebot betrifft eine Verbesserung von Freizeitmöglichkeiten für Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit. Adolf Hammans von Hammans Freizeit in Viersen-Süchteln hat ein Rollfiet und ein Boot für Ausflüge auf der Niers angeschafft. Bei Rollfiets handelt es sich um ein um umgebaute Elektro-Fahrräder mit drei Rädern. Der Fahrer sitzt hinten, vorne auf dem breiten Sitz kann ein Rollstuhlfahrer oder ein auf andere Weise in der Bewegung eingeschränkter Mitfahrer Platz nehmen.

Beim Boot suchte Adolf Hammans lange nach einem Gefährt, das unter normalen Einsatzbedingungen nicht umkippen kann. Das Boot hat zwei Plätze. Der vordere Sitz ist reiner Mitfahrer, den Antrieb übernimmt der hintere Mitfahrer über eine Handkurbel, die zwei Schaufelräder antreibt. Wie bei einem Mississippi-Dampfer, meint Sole-Bergers.

Rollstuhlfahrer können Bogenschießen und Klettern

Außer Adolf Hammans ist auch Katrin Kraft von Xpad Experience und Adventure in Süchteln bemüht, Freizeitangebote zu organisieren, an denen auch etwa Rollstuhlfahrer teilnehmen können. So bietet sie Bogenschießen für Rollstuhlfahrer an. Oder kooperierte bisher mit dem Kletterwald in Süchteln. Dabei komme es auch auf das Trainieren des Team.Bildens an. Sehr zufrieden ist Inklusionsmanager Sole-Bergers mit dem Erfolg eines früheren Projektes, dem Einkaufswagen für Rollis. Diese Spezialanfertigungen gebe es schon lange auf dem Markt, seien aber auch bei den Betreibern wenig bekannt. „Viersen für alle“ hat gezielt die Einzelhändler im Kreis Viersen angesprochen. Edeka in Viersen und auch viele Discounter hätten positiv reagiert und ein, zwei Rolli-Einkaufswagen angeschafft.

Zur Zeit versucht André Sole-Bergers, mit den Betreibern von Tankstellen ins Gespräch zu kommen. Für Rolli-Fahrer, die selbst Autofahren können, ist das Tanken oftmals ein Problem. Die Zapfpistole kann zu hoch angebracht sein, oder es gibt einen Bordstein rund um die Zapfsäulen. In den Abendstunden sind manche Tankstellen nur mit einem Mitarbeiter besetzt, so dass dieser meistens nicht helfen kann. Ein großes Problem sind auch Toiletten in der Gastronomie, die oft im Keller nur über Treppen erreichbar sind. In der Zukunft muss sich „Viersen für alle“ auch mit Arztpraxen in Wohnhäusern befassen, die nicht über einen Fahrstuhl verfügen. hb