Florian Peters-Messer aus Viersen Jäger, Sammler, Schenker

Viersen · 300 Kunstwerke hat der Viersener Florian Peters-Messer kürzlich dem Museum Kunstpalast übereignet. Schon als kleiner Junge streifte er mit Freude durch den Louvre. Doch erst seine Kunstlehrerin brachte ihm bei, Gegenwartskunst zu lieben.

Florian Peters-Messer in seinem Zuhause, inmitten von Kunst, die er dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf geschenkt hat.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Kunstgalerie, Büro, Wohnung und Heimstatt eines leidenschaftlichen Sammlers. All das nimmt man beim Rundgang durch die Räumlichkeiten von Florian Peters-Messer wahr. Von seiner Etage in einem zweckmäßigen Bau in Viersen blickt man auf die Dächer ausgedehnter Hallen. Einst gehörten sie zum Unternehmen seiner Familie, dem 1840 gegründeten Großhandel Joh. Peters sen. für Farben, Tapeten und Bodenbeläge. Seit dem Verkauf an Akzo Nobel verwaltet und betreut der Betriebswirt die bundesweit verstreuten familieneigenen Immobilien. „Ein Entwickler bin ich aber nicht“, stellt er klar, „das lehne ich schon aus ethischen Gründen ab, weil ich mich diesem Turbokapitalismus nicht anschließen will.“

Bekannt wurde Florian Peters-Messer durch seine fundierte Sammlung von Gegenwartskunst, mit der er immer wieder Ausstellungen bestückte. Vor wenigen Wochen machte er Schlagzeilen wegen einer umfangreichen Schenkung. 300 Werke, über 30 Jahre zusammengetragen, übereignete der Viersener anlässlich seines 60. Geburtstags dem Kunstpalast in Düsseldorf. Dem Museum ist er seit Kindesbeinen verbunden. 2020 kuratierte er dort mit Linda Peitz die Ausstellung „Empört auch! Kunst in Zeiten des Zorns.“ Für Kunstpalast-Direktor Felix Krämer stellt das Konvolut eine hochwillkommene und ausgesprochen wichtige Ergänzung des Bestands dar. Es gibt nur wenige Sammler, die das Gebiet der Gegenwartskunst derart fokussiert abdecken wie der Viersener. Ende August wird aus einem Teil der vermachten Werke die Ausstellung „Too Much Future. Schenkung Florian Peters-Messer“ konzipiert.

Nie habe er nur für sich selbst gesammelt, beteuert er. „Kunst ist dafür da, gezeigt zu werden, das gilt vor allem für die aus meinem Besitz. Sie wurde fürs Publikum geschaffen, ist soziologisch und politisch aufgeladen und strebt nicht nach Konsens. Die will raus und sucht die Diskussion mit dem Betrachter.“ Manche Neuerwerbungen habe er direkt an Museen abgegeben, etwa an Häuser in München, Leipzig und Wolfsburg. Auch, um junge Künstler zu unterstützen.

Fündig wird Peters-Messer zumeist in Galerien oder auf Kunstmessen. Dort wird aus dem Sammler dann bisweilen ein Jäger, der mit Lust auf die Suche geht und auch die nötige Geduld aufbringen muss, wenn er ein Objekt seiner Begierde nicht sogleich ergattern kann.

„Man ist privilegiert, wenn man sich in dieser Intensität mit einem Thema beschäftigen kann“, sagt er über seine Passion, deren Saat früh gelegt wurde. Schon die Eltern waren der Kunst zugeneigt. „Wir haben regelmäßig Kulturreisen im In- und Ausland unternommen“, erzählt Florian Peters-Messer, dessen Bruder Jakob in der Musik seine Hingabe fand und als Opernregisseur in Berlin arbeitet. „Schon als kleiner Junge fand ich es herrlich, durch die Uffizien und den Louvre zu streifen“, erzählt der Unternehmer. „Das ist auch immer so geblieben. Erst kürzlich war ich in Wien und besuchte zahlreiche Museen, bis zur Erschöpfung. Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht.“

Richtig entzündet wurde der Funke jedoch durch seine Viersener Kunstlehrerin Kathrin Wirtz. „Wir haben heute noch Kontakt. Sie hatte die Gabe, einen coolen, spannenden Unterricht zu gestalten. Wir besuchten die Documenta in Kassel, fuhren zu Pina Bausch nach Wuppertal“, erinnert er sich. „Vor allem brachte sie uns moderne Künstler nahe, Andy Warhol und Joseph Beuys, der damals ja ein Schreckgespenst war.“ Von Kathrin Wirtz lernte er, dass man sich nicht vor Gegenwartskunst fürchten, sondern Schwellenangst abbauen und sich damit beschäftigen müsse, um einen wirklichen Bezug zu bekommen.

Den Grundstein zu seiner Sammlung erwarb Florian Peters-Messer 1992 als Student in Berlin: ein Werk von Martin Assig aus dem Genre der Enkaustik, bei der flüssiges Wachs verwendet wird. Daraus erwuchs ein Portfolio von mehr als 450 Gemälden, Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen, Video- und Medienarbeiten.

War es immer Liebe auf den ersten Blick oder wohlüberlegt? „Sowohl als auch“, antwortet er. „Spontankäufe sind nicht immer gut, man sollte besser erst darüber nachdenken. Manchmal kämpft man auch mit einem Werk, muss sich daran reiben, um es zu verstehen und zu verinnerlichen. Dann kann sich eine Arbeit plötzlich aufblättern und wird auf einmal ganz toll.“ In seiner Sammlung findet sich mancherlei Provokantes und Verstörendes. „Ich fand Kunst immer dann besonders spannend, wenn ich spürte, dass sie Einfluss auf mein Leben hatte und meine Sichtweise veränderte. Dabei können sich Schwerpunkte auch verändern. Im Moment faszinieren mich die Bereiche Digitalisierung und sexuelle Identität, ein rein aus humanistischer Sicht notwendiges Thema.“ Er zeigt auf „Me and other me“ von Transmann Oska Gutheil. Das Bild hängt über der Couch, und das will er auch behalten. Andere Werke in seiner Wohnung gehören bereits dem Kunstpalast: „Wir sitzen hier in der Ware vom Museum“, sagt er. Über sie darf er weiterhin verfügen: „Das ist auch üblich bei einer größeren Schenkung.“

Wie aber hat er überhaupt die Auswahl dafür getroffen? „Ich richtete mich nach dem Sammlungsprinzip und konzentrierte mich auf den Kern“, erklärt er. „Eine Sammlung über viele Jahre ist einem stark veränderlichen Prozess unterworfen. Die Werke, die ihren Kern am besten erfassen, sind in der Stiftung inkludiert, damit sie als Gesamtkonvolut sichtbar wird.“

Magisch angezogen wird man von der großformatigen Collage „Men in Shorts“, ein 20 Jahre altes, aber bestürzend aktuelles Werk von Erik van Lieshout. Es zeigt drei Palästinenser, die sich am Grenzzaun zu Israel wegen eventueller Waffen entblößen müssen. Von dem Niederländer hat er zahlreiche Arbeiten erworben, darunter auch Videokunst. Gegenüber hängt ein irritierendes Werk der baltischen Künstlerin Kris Lemsalu, auf dem eine Kuscheldecke mit Tiger-Konterfei, eine Stoffhose und ein blutiges Gebiss aus Keramik vermengt wurden. „Eine krasse feministische Position zum Männlichkeitsbegriff“, erklärt er und lacht. „Aber auch witzig, eine so scheußliche Decke zu verarbeiten.“ Etwa zwei Mal im Jahr tauscht Peters-Messer die Kunstwerke in seiner Wohnung um. Den Großteil bewahrt er in einer gut gesicherten Lagerhalle auf.

Nun könnte der weit gereiste Sammler, der in Paris, England und lange in Berlin lebte, sich ja überall niederlassen. Warum blieb er seiner Heimatstadt am Niederrhein immer treu? „Warum nicht?“, stellt er die Gegenfrage. „Das hat auch mit meinen Eltern zu tun, aber nicht ausschließlich. Ich mag es, in Viersen ein zurückgezogenes Leben zu führen. Es gibt Tage, an denen ich das Haus gar nicht verlasse. Dann wieder kurve ich auf meinem Rennrad herum, das kann man hier wunderbar.“ Er lese viel und schreibe gelegentlich einen Beitrag für einen Katalog oder eine Zeitschrift. „Da ich mich viel mit Psychologie und Neurobiologe beschäftige, habe ich einen anderen Blick als ein Kunsthistoriker.“