Kaiser’s-Verwaltung zieht weg

Unternehmensgruppe versetzt 450 Mitarbeiter von Viersen nach Mülheim.

Viersen. "Heute schreiben wir Geschichte und morgen fängt die Zukunft an. Wir sind Kaiser’s Tengelmann." Der Songtext in der Telefon-Warteschleife des Unternehmens hat für die Kaiser’s-Verwaltungsmitarbeiter seit Donnerstag einen bitteren Beigeschmack. Die im Firmenlied fröhlich besungene Zukunft wird es für die Mitarbeiter der Hauptverwaltung am Standort Viersen nicht geben.

Um 10 Uhr teilte die Unternehmensführung am Donnerstag der Belegschaft mit, dass der Firmensitz zum 1. Januar von Viersen zum Firmensitz der Muttergesellschaft Tengelmann nach Mülheim an der Ruhr verlegt wird. Ab Februar würden zirka 450 Mitarbeiter abteilungsweise umziehen. Bis Mitte des Jahres soll der Umzug laut Unternehmensgruppe vollzogen sein.

"Wir müssen heute Kräfte bündeln und Synergien nutzen, wo wir es sinnvoll können", erläutert Karl-Erivan W. Haub, Geschäftsführender und persönlich haftender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Tengelmann, den Grund für die Entscheidung. Man bleibe dem Standort Viersen aber "eng verbunden": Knapp 500 Mitarbeiter der Regionsverwaltung Nordrhein, der Logistik sowie des Birkenhof Fleischwerkes arbeiteten weiterhin auf dem Lichtenberg.

Die Nachricht kam plötzlich. Zwar hatte das Unternehmen vor wenigen Wochen bekanntgegeben, dass 130 Stellen in Viersen gestrichen werden sollen. Von einem Wegzug sei aber nie die Rede gewesen, sagt ein Mitarbeiter.

"Viele von uns haben noch gar nicht registriert, was das bedeutet", umschreibt er die gelähmte Stimmung unter den Kollegen. Selbst den Betriebsrat traf die Nachricht offensichtlich unvorbereitet. "Ich bin erschüttert und möchte die Nachricht erst einmal sacken lassen", sagt der Betriebsratsvorsitzende Winfried Lippoldt. Mehr wolle er nicht sagen.

Konkreter wird Sabine Busch vom Verdi-Fachbereich Handel: Verhindern könne man den Wegzug nicht. "Aber wir müssen jetzt sehen, wie der Umzug geregelt wird. Bedingungen liegen uns noch nicht vor." Daher werde man den Betriebsrat beraten und überlegen, wie die so genannte Betriebsänderung sozial abzufedern sei.

Für die Mitarbeiter ist der neue Arbeitsplatz mit einer großen Umstellung verbunden: Über 60 Kilometer liegen alter und neuer Sitz voneinander entfernt. Und der Weg vom Niederrhein ins Ruhrgebiet kann in der Hauptverkehrszeit zu einer Geduldsprobe werden. "Das bedeutet natürlich zusätzliche Fahrzeiten und -kosten. Inwiefern der Arbeitgeber das auffängt, muss jetzt geklärt werden", sagt Busch.

Für Bürgermeister Günter Thönnessen ist die Nachricht aus zwei Gründen "ein herber Schlag". "Die Kaffeekanne steht für Viersen", sagt er. "Schließlich handelt es sich um ein Unternehmen, das immer eine enge Verbindung zur Stadt Viersen hatte. Wir haben immer sehr erfolgreich zusammengearbeitet." So habe die Firma die Stadt über viele Jahre in sozialen und kulturellen Bereichen unterstützt. Als Beispiele nennt er die Konzerte vor nicht allzu langer Zeit mit Nigel Kennedy und David Garrett sowie das "Bündnis für Familie" mit Kaiser’s als Hauptsponsor.

Umso enttäuschter sei er darüber, so spät von dem Entschluss erfahren zu haben. Mit der Unternehmensleitung war erst für Donnerstag Abend ein Termin vereinbart. "Deshalb kann ich zu weiteren Einzelheiten noch nichts sagen. Natürlich werden wir uns als Stadt bemühen, so viele Arbeitsplätze wie möglich in Viersen zu behalten."