Niederrhein: Im Liegen Fahrrad fahren
Verkehrsmittel: Es sieht nicht wirklich bequem aus. Doch Hartmut Genz schwört auf sein Liegerad.
Niederrhein. Der Lenker lässt sich nach vorne klappen, damit man für den Einstieg genug Platz hat. Wenn man die Handbremsen anzieht, kann man sich bequem in den Sitz fallen lassen und ein Bein ins Pedal stemmen. Aber wie kriegt man nun das zweite Bein ans Pedal, ohne umzufallen?
Ein bisschen ist es, als müsste man das Radfahren noch einmal neu erlernen, denn aus der Perspektive des Liegerades ist es ganz anders, das Gleichgewicht zu halten, als auf dem gewohnten Drahtesel.
"Ich habe zwei Tage gebraucht", erklärt Hartmut Genz, zweiter Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Krefeld/Kreis Viersen und passionierter Liegeradfahrer.
Seit gut einem Jahr besitzt er sein Gefährt und ist begeistert. Durch den geringeren Luftwiderstand beim Fahren spart man Energie. Verspannungen im Nacken kennt Genz ebenso wenig wie ein schmerzendes Hinterteil nach langer Fahrt.
Der Radsport-Fan nutzt sein flaches Fahrrad fast immer - nur wenn es sehr hüglig wird, steigt er lieber auf sein Trekking-Bike. Denn aus der Liegeposition ist das Bergauffahren schwieriger. Man kann nicht seinen ganzen Körper in die Pedale legen, wie auf einem normalen Rad. Vielmehr stemmt man aus dem Bauch heraus und trainiert damit auch diese Muskelpartien mit.
Gefährlich ist es für Hartmut Genz auf der Straße noch nie geworden. Weil er so tief liegt und von Autofahrern schlecht gesehen wird, hat er eine orangefarbene Fahne an seinem Rad angebracht. "Es gibt auch ganz flache Flundern, da liegen die Fahrer nur knapp über dem Boden. Das halte ich für gefährlich", so Genz.
Spielarten der Liegeräder gibt es viele: Velomobile haben drei Räder und sind rundherum mit einer Karosserie aus Aluminium oder Kunststoff verkleidet. Liegeräder, die mit den Händen betrieben werden, eigenen sich auch für querschnittsgelähmte Rad-Fans. Selbst Liege-Tandems gibt es.
Welches Liegerad man auch bevorzugt, Aufmerksamkeit erregt man auf der Straße auf jeden Fall. "Ja, es ist ein Hingucker", sagt Genz, "deswegen habe ich es aber nicht gekauft." Auf manchen Beobachter wirken die Liegeradler gar ein wenig exzentrisch. Aber Hartmut Genz schwört auf die Vorteile: "Man kommt mit weniger Anstrengung ans Ziel."
Trotzdem ist Genz sicher, dass Liegeräder in Zukunft eher eine Sache für Liebhaber bleiben wird, denn die Spezialräder sind nicht ganz billig. Bei rund 3000 Euro liegt der Einstiegspreis. Wie viele Liegeradfahrer es am Niederrhein gibt, vermag er nicht zu sagen. Daher war die Resonanz beim ersten Liegerad-Treffen, das Genz in diesem Jahr für den Allgemeinen Fahrrad-Club organisiert hat, auch verhalten. Aber im nächsten Jahr möchte er auf jeden Fall wieder dazu einladen.