Anrath: Eine „Cocktailparty“ im Frauengefängnis
Das Musiktrio „Ohrenschmausen“ unterhielt Gefängnis-Insassinnen. Denen liefen vor Lachen die Tränen.
Anrath. Für die Einen spielen sie abends. Für die Anderen Sonntagmittag um 13 Uhr. Um diese Zeit tritt das Musiktrio "Ohrenschmausen" zusammen mit "Isolde Schabratzki" im Anrather Frauengefängnis auf und bietet mehr als 60 Frauen eine Stunde lang Abstand von ihrem Alltag hinter Gittern.
Organisiert von der Freizeitkoordinatorin Diana Deutsch hat der Kunst- und Literaturverein für Gefangene (KLVG) aus Dortmund die vier Künstlerinnen hierher eingeladen. Bernd Neumicke durchforstet dafür das Internet und schreibt die Künstler an. "Die bekommen bei uns kein Honorar, lediglich eine Fahrtkostenpauschale.", sagt er.
So trat beispielsweise der berühmte Wilfried Schmickler in der JVA Remscheid auf. Aber da hätten die Frauen auch nicht mehr gelacht als am Sonntag bei der "Cocktailparty".
Die Sängerinnen Martina Jägel und Brigitte Sowada begleitet von Tina Köhn-Reimann bringen klassische Jazz-Songs mit frischen frechen Texten und schaffen schnell eine Verbindung zum Publikum.
"Wir sind wie Cocktails!" verkünden sie als Gäste einer schicki-micki Cocktail-Party. Und Martina geht ins Detail: "Wir sind prickelnd, aufregend, lecker, leicht..." Da sieht Brigitte sie nur an, sagt schlicht "nein", erntet Gelächter und das Eis ist dahingeschmolzen.
Am besten aber kommt Underdog Isolde (Mechthild Ludwig). Sie ist Putzfrau im Haushalt der Gastgeberin und soll bei der Party zwar zur Hand gehen, aber unsichtbar sein. Solcher Anmaßung begegnet sie mit einerseits mit Bauernschläue, denn sie benutzt zum Putzen "Mikrofaser, damit geht das ganz schnell.Un die sin ja nich da, wenn ich putze", so dass sie sich die Pausen locker mit bezahlen lassen kann.
Mikrofaser hat ja einen weiteren Vorteil. "Die kann man für alles nehmen." Und so putzt Mechthild damit den Fußboden, die Schränke, das Klo und die Tische. - Und alle hier freuen sich mit ihr. Schließlich darf sie auch mal ans Mikrofon und offenbart bei "Fremder Mann" so schrill und schräg, dass sie zwar nicht singen kann, aber mords Stimmung machen: Den Zuschauerinnen kullern vor Lachen die Tränen.
Viermal wird der KLVG für die Frauenanstalt ein Programm gestalten. "Dann gibt es jeden Monat insgesamt ein Live-Event", so Diana Deutsch. Der Verein übernimmt auch Fernausleihen für Gefangene und Patienten und verschickt seinen Bibliotheksbestand von 35.000 Bänden zu JVAs in ganz Deutschland.