Auf den Spuren eines toten Fliegers
Das Schicksal von Jakob Weibes wurde 66 Jahre nach seinem Tod geklärt.
St. Tönis/Dresden. Der Zweite Weltkrieg war schon fast vorbei: Am 15. Februar 1945 war Generalleutnant Wolfdietrich Ritter von Xylander, Stabschef der Heeresgruppe Mitte, mit seinem Adjutanten in einem Kurierflugzeug auf dem Weg nach Berlin. Die He 111 flog in ungefähr 2500 Metern Höhe durchs Elbtal in Richtung Dresden. Mit in der Maschine: Oberfeldwebel Jakob Theodor Weibes aus St. Tönis. Der Bordwart hatte wenige Wochen zuvor seinen 33. Geburtstag gefeiert. Es sollte der letzte gewesen sein.
In Höhe von Struppen (Sächsische Schweiz) begegnete das Flugzeug einem US-Verband, der kurz zuvor Dresden bombardiert hatte. Dann ging alles blitzschnell: Begleitjäger machten den Kurierflieger aus, flogen aus rund 8000 Metern Höhe herab — und schon wenig später stürzte die deutsche Maschine in einem Waldstück ab. Die sechs Männer an Bord — vier Besatzungsmitglieder, zwei Passagiere — hatten keine Chance.
Nur eine kleine Episode am Rande eines großen Krieges. Doch fast 66 Jahre später hat sie in Dresden und St. Tönis intensive Recherchen ausgelöst. Der „Arbeitskreis Sächsische Militärgeschichte“ war auf den Flugzeugabsturz aufmerksam geworden. Dabei stellten die Hobbyhistoriker fest, dass das Schicksal eines Besatzungsmitglieds bis heute in den Archiven ungeklärt ist: Wo Jakob Weibes beigesetzt wurde, war nirgendwo vermerkt. Er hatte ein namenloses Grab gefunden. Wo es liegt und wie Jakob Weibes gestorben war, wollten die Forscher Angehörigen, die möglicherweise noch leben, persönlich mitteilen — und baten die WZ um Hilfe.
„Gibt es die Familie Weibes noch heute in St. Tönis?“ wollte die WZ im Dezember wissen. Gemeldet war niemand mehr. Rolf Schumacher, Ehrenvorsitzender des Heimatvereins, ließ die Frage aber keine Ruhe. „Ich entdeckte den Vater des Toten im Adressbuch von 1912. Er war Tagelöhner und stammte aus Hüls-Benrad.“
Mit Hilfe von Standesbeamtin Karin Steffan gelang es Schumacher, die Töchter des Toten, zu finden: Karin und Grit, 69 und 65 Jahre alt, leben in Norddeutschland. Dort hatte ihr Vater 1939 geheiratet. „Nun kann ich nachtragen, wann Jakob Weibes gestorben ist“, sagt die Standesbeamtin. Die Recherche war eine echte Herausforderung. Für Rolf Schumacher ist sie noch nicht vorbei: „Ich versuche, die Geschichte der Familie Weibes zurückzuverfolgen.“