Betreuung: Viele Familien sind frustriert
Beiträge für Geschwister in Kitas und Ganztagsgrundschulen belasten Eltern mit mehreren Kindern.
Willich. Das knappe Ja im Willicher Jugendhilfeausschuss zur „Änderung der Elternbeitragssatzung“ erhöht die Protestbereitschaft betroffener Eltern. Die Stadt will, wenn der Rat am 21. Februar der Vorlage zustimmt, künftig Betreuungsbeiträge für die Geschwisterkinder erheben, sowohl in Kindertagesstätten als auch in den Offenen Ganztagsgrundschulen. In vielen Kindergärten und Schulen sollen Unterschriftenlisten dagegen ausliegen, in die Eltern sich eintragen können.
„Nach den Hundebesitzern sind nun die Eltern mit zwei Kindern und mehr dran“, schreibt Ileana Zöllner an die Redaktion. Die Vorlage sehe vor, „dass Geschwisterkinder ab dem 1. 8. 2013 den vollen Beitrag für die Ganztagsbetreuung zahlen. Hinzu kommt noch wie bisher das Essensgeld von ca. 50 Euro monatlich je Kind. Ich selbst“, schreibt Illeana Zöllner, „habe vier Kinder und muss Ihnen nicht erklären, was das bedeutet. Für viele Familien ist dies nicht zu tragen.“ Viele Mütter mit Mini- und Teilzeitjobs könnten ihr Gehalt direkt an die Stadt weiterleiten.
Bernhard Grotke aus Willich ist der Meinung, dass die Konsolidierung des städtischen Haushalts und der Erhalt der finanziellen Handlungsfähigkeiten jede Anstrengung rechtfertigt. „Aber die Einschnitte in die Leistungen der Stadt oder die Erhöhung der städtischen Einnahmen müssen ausgewogen sein.“
Viele Kommunen hätten die Höhe der Elternbeiträge längst als „weichen Standortfaktor“ erkannt. In Willich aber schlage die CDU den umgekehrten Weg ein. Man entlaste sich auf Kosten junger Willicher Familien. „Nicht etwa, um die Qualität und die erreichten Standards zu sichern oder auszubauen, sondern einzig und allein aus Gründen der Haushaltskonsolidierung.“
Viele Familien bringe diese Sonderumlage „bis an ihre finanzielle Schmerzgrenze oder sogar darüber hinaus“. Grotke befürchtet, dass Kinder durch die Beitragserhöhung aus den Betreuungsformen herausgedrängt werden, Frauen Beruf und Familie nicht mehr vereinbaren können. „Herzlich willkommen, liebe Willicher CDU, in der familienpolitischen Steinzeit.“
Lukas Maaßen, stellvertretender Vorsitzender der Willicher Jusos, meint: „Die CDU drosselt die Nachfrage über den Preis.“ Die CDU müsse den Eltern, die deutlich tiefer in die Tasche greifen müssten, erklären, wieso die Stadt Willich immer noch genug Geld für Festspiele und eine Umgestaltung des Kaiserplatzes habe, aber nicht für das Wohlergehen ihrer Kinder.
Die Grünen begründen, warum sie sich der Stimme im Jugendhilfeausschuss enthalten haben: „Wir hätten uns eine stärkere Ausdifferenzierung gewünscht, zum Beispiel durch einen 25-, 50- oder 75-prozentigen Nachlass bei den Geschwisterkindern“, sagt Merlin Praetor.