Bleibt der Sektenarzt in Schiefbahn?

Bürgermeister Josef Heyes ist Nachbar von H., der aus Chile nach Deutschland geflohen war.

Schiefbahn/Krefeld. Folgen nach den Protesten in Krefeld nun Proteste in Schiefbahn? In Linn sind die Bürger am Wochenende gegen den früheren Arzt der Sekte „Colonia Dignidad“ in Chile, H., auf die Barrikaden gegangen. Sie wehren sich dagegen, dass der 67-Jährige ihr neuer Nachbar wird. Zieht er am Donnerstag mit seiner Frau aber nicht an den Linner Weidenbruchweg, bleibt er womöglich Anwohner der Straße „An der Schießrute“ in Schiefbahn — und damit Nachbar von Bürgermeister Josef Heyes.

„Von Demonstrationen im Unterbruch gegen den Mann ist mir nichts bekannt“, erklärte Heyes gestern auf Anfrage. Seines Wissen nach wohne H. dort gar nicht mehr. Er sei ihm aber auch zuvor nie aufgefallen. Von der besorgten Hauseigentümerin, die in der Eifel lebt, habe er telefonisch erfahren, dass der Mietvertrag Ende August ablaufe. Sie habe einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Ende Mai war H. in die möblierte Souterrain-Wohnung in Schiefbahn gezogen. Zuvor hatte er sich aus Chile abgesetzt, wo er wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern zu fünf Jahren Haft verurteilt worden war. Eine Auslieferung des deutschen Staatsangehörigen an die chilenische Justiz steht aber nicht zur Debatte. Ausgeliefert werden verurteilte deutsche Staatsangehörige nur innerhalb der EU-Zone, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Bei der Willicher Polizei sind bislang keine Demonstrationen gegen H. angemeldet worden. Sie bestätigte aber, Kontakte zur Krefelder Wohnstätte aufgenommen zu haben, die Eigentümerin der Wohnung am Weidenbruchweg ist. Gegenüber der Staatsanwaltschaft soll H. erklärt haben, er wolle nun nicht mehr nach Linn ziehen.

Sollte deshalb der 67-Jährige mangels Alternative die Schiefbahner Wohnung nicht räumen, müsste die dortige Hauseigentümerin möglicherweise privatrechtlich gegen ihn vorgehen. „Hat sie damit Erfolg, müssten wir ihm eine Wohnung in einer Obdachlosenunterkunft zuweisen“, erklärte Martin Zinnel vom Ordnungsamt. Gegenüber dem Willicher Sozialamt hatte H. angegeben, bedürftig zu sein.

Der 67-Jährige war „Außenminister“ und Arzt der berüchtigten „Colonia Dignidad“, auf deren Konto zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gehen.