Evangelische Kirchengemeinde St. Tönis Die Kirchengemeinde St. Tönis hat jetzt eine Rikscha
St. Tönis · Die evangelische Kirchengemeinde St. Tönis nennt jetzt eine Rikscha ihr eigen. Am Samstag wird das neue Gefährt beim Sommerfest für Senioren vorgestellt.
Der Niederrhein ist eine typische Fahrradregion. Das Fahrrad ist hier nicht wegzudenken. Was aber, wenn es das Alter oder eine Mobilitätseinschränkung nicht mehr möglich machen, das Rad zu besteigen und eine Runde zu drehen? Für viele Menschen bedeutet das einen enormen Einschnitt in der Lebensqualität. Doch die kann jetzt ein stückweit zurückgewonnen werden. Möglich macht dies die evangelische Kirchengemeinde St. Tönis: Sie hat jetzt eine Rikscha.
„Wir möchten Menschen, die älter oder bewegungseingeschränkt sind, eine Möglichkeit zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe bieten“, sagt Marion Wlotzka, die Seniorenbeauftragte der evangelischen Kirchengemeinde. Das Prozedere ist ganz einfach: Die betreffenden Personen können sich im Gemeindebüro melden und ihren Wunsch anmelden. Egal, ob es sich um einen Ausflug ins Grüne handelt, ein lang nicht mehr gesehener Lieblingsort wieder einmal aufgesucht werden soll oder der Wunsch nach einem Cafébesuch besteht – alles, was in und um Tönisvorst angesiedelt ist, kann realisiert werden.
Dafür werden auf der anderen Seite ehrenamtliche Fahrer benötigt, die die Rikscha fahren, wobei es sich um ein E-Bike handelt. „Wir möchten einen Fahrer-Pool aufbauen. Jeder einzelne Fahrer wird geschult und ist auch über uns versichert“, sagt Wlotzka. Über das Gemeindebüro erfolgt eine Koordination von Fahrer und Fahrgast. Für die Zukunft soll zudem ein Buchungsportal entwickelt werden, das über eine App angewählt werden kann.
Wlotzka war es, die den Stein ins Rollen gebracht hat. „Eine Nachbarin von mir erzählte von einer Freundin, die in Recklinghausen in einem Verein Senioren in einer Rikscha fährt. Sie hatte auch gleich einen Flyer zur Hand und meinte, ob das nichts für die Gemeinde wäre“, erinnert sich Wlotzka. Die Seniorenbeauftragte studierte den Flyer und war begeistert. Sie reichte den Flyer innerhalb der Kirchengemeinde herum und sprach Senioren an und fragte, was sie von so einem Angebot halten würden. Die Begeisterung war überall groß.
Helmut Woerner vom Netzwerk Demenz, der auch das Café Lichtblicke in der Gemeinde mitbetreut, war ebenso angetan. Das Netzwerk Demenz stellte eine Spende von 5000 Euro zur Anschaffung einer Rikscha zur Verfügung. Die Kirche konnte einen Eigenanteil von 2500 Euro aufbringen. Aber um den 12 650 Euro teuren Traum zu realisieren, fehlten noch 5150 Euro. Hier sprang die Sparkassenstiftung Krefeld ein. „Es ist ein tolles, generationsübergreifendes Projekt, das wir gerne unterstützen. Jüngere Fahrer treffen auf ältere Mitfahrer, da kommen Generationen zusammen“, sagt Tim Pelzer, Referent der Sparkassenstiftung. Dass die Rikscha im Sparkassen-Rot daher kommt, ist aber ein Zufall.
„Wir haben uns nach gründlichem Auseinandersetzen mit dem Thema für die Rikscha Chat der Firma van Raam entschieden“, sagt Hans-Reinhart Arndt, der das Projekt ehrenamtlich mitbetreut und der zu denjenigen gehört, die in Sachen Rikscha fahren geschult wurden und dieses Wissen nun an weitere Fahrer weitergeben. Eine breit gepolsterte Sitzbank samt Sicherheitsgurten für die Fahrgäste sowie ein Verdeck als auch eine Halterung für Gehstöcke zeichnet die St. Töniser Variante aus. Zudem verfügt die Rikscha über zwei Akkus. „Im höchsten Gang der Unterstützung ist es möglich, 60 Kilometer zurückzulegen. Werden kleinere Unterstützungsgänge benötigt, verlängert sich die Kilometerzahl entsprechend“, informiert Wlotzka, die selber auch schon gefahren ist. Es sei etwas gewöhnungsbedürftig, aber sehr angenehm, lautet ihr Urteil.
„Das letzte Mal bin ich in Kambodscha in einer Rikscha gefahren worden. Ich muss sagen, in der Apfelstadt macht es viel mehr Spaß“, sagt Ingeborg von Kalkstein. Die Pressebeauftragte der Evangelischen Kirchengemeinde St. Tönis hatte schon die Gelegenheit, als Fahrgast einzusteigen.
Ganz wichtig: Das Angebot der Rikscha-Fahrten ist kostenfrei. Woerner fände es indes fantastisch, wenn jede Gemeinde eine Rikscha hätte, um für ein Stück Mobilität zu sorgen. „Auch für Menschen mit Demenz kann so Mobilität nahe an der Natur ermöglicht werden“, sagt er.