Dünne Personaldecke im Kreis-Sozialamt

Heimleiter klagen über das Arbeitstempo im Kreis-Sozialamt. Dort fehlt Personal.

Willich/Kreis Viersen. Brigitte L. aus Willich kämpft seit April 2012 um eine finanzielle Unterstützung für die Heimunterbringung ihres schwer demenzkranken Mannes. Erst vor einer Woche kam ein Bescheid bei ihr an, wonach Sozialhilfe gewährt wird. Vom Kreissozialamt fühlt sich die 72-Jährige wegen der langen Bearbeitungszeit im Stich gelassen. „Diese extrem langen Wartezeiten sind aber leider kein Einzelfall“, sagt dazu der Leiter eines Altenheims im Kreis Viersen.

Bereits im vergangenen Jahr haben die Leitungen der Heime im Kreisgebiet wegen der Problematik ein Gespräch mit Landrat Peter Ottmann gesucht. An diesem Gespräch waren auch der Sozialdezernent und der Sozialamtsleiter beteiligt. Die langen Bearbeitungszeiten seien damals mit Personalengpässen begründet worden, erinnert sich der Heimleiter.

Dies bestätigt Kreis-Pressesprecher Axel Küppers. „Das Problem ist erkannt: 15 Stellen sind für die Bearbeitung solcher Fälle vorgesehen, im Moment fehlen aber zwei.“ Sozialamtsleiter Frank Olislagers habe sie für 2014 beantragt. Danach dürften die „Fallrückstände“ beseitigt sein, glaubt Küppers: „Das ist ein temporäres Problem.“

Allerdings, so betont er weiter, seien so lange Bearbeitungszeiten wie im Fall von Brigitte L. schon heute nicht die Regel: „Im Schnitt sind es drei Monate.“ Nur in schwierigen Fällen, wenn zum Beispiel die Vermögensverhältnisse aller Beteiligten offen gelegt werden müssten, dauere es auch länger. Dass es dann zu Spannungen mit den Heimen komme, liege in der Natur der Sache.

Die Seniorenhäuser selbst sind nämlich stark daran interessiert, dass es nicht zu überlangen Bearbeitungszeiten kommt. Grund: Da neue Bewohner aufgenommen werden, bevor eine Kostenzusage vom Sozialamt vorliegt, müssen die Heime finanziell in Vorleistung gehen — und bleiben im schlimmsten Fall auf den Kosten sitzen.

Wie die WZ von den Leitern verschiedener Einrichtungen im Kreisgebiet erfuhr, kommen da schnell fünfstellige Beträge zusammen, wenn das Amt am Ende die Kostenübernahme ablehnt.

Laut Axel Küppers versuchten die Heimleitungen deshalb den „Schwarzen Peter“ an den Kreis weiterzugeben. „Aber wir sind an Recht und Gesetz gebunden.“ In Vorleistung dürfe die Behörde nicht gehen.

Ein weiterer Punkt kommt bei der Thematik erschwerend hinzu: „Es ist manchmal schon ein Drama, wie hilflos und überfordert Ehepartner mit den Behördengängen sind, wenn keine Angehörigen zur Hilfe stehen“, berichtet ein Heimleiter.

Und ein Kollege ergänzt: „Oft dauert es eine ganze Weile, bis wir überhaupt merken, dass die Angehörigen überfordert sind.“ Denn die alten Leute hätten Hemmungen, ihre Hilflosigkeit zuzugeben. Das Ganze sei ein „Drama“, das der soziale Dienst im Haus oft nur unzureichend abfedern könne.

Und wer hilft nun den alten Menschen in solchen Fällen? Nach Auskunft von Axel Küppers unter anderem das Kreissozialamt. Speziell für solche Fällen habe man an Betreuungsstützpunkten in den einzelnen Kommunen die Altenfachberatung eingerichtet. Außerdem, so ergänzt ein Heimleiter, könne man beim Amtsgericht einen Antrag auf Betreuung in finanziellen Belangen stellen.

Der Willicherin Brigitte L. ist dies alles viel zu kompliziert geworden. „Ich werde meinen Mann wohl wieder nach Hause holen und versuchen, ihn selbst zu betreuen“, sagt sie entnervt.