Tönisvorst Ein australischer Pferdeflüsterer in St. Tönis

Warwick McLean und sein Team trainieren Spitzen-Dressurpferde auf dem Gehlenhof. Inhaber Christian Königs ist froh über die Verstärkung.

Foto: Wolfgang Kaiser

Tönisvorst. Reitsport ist international. Im jungen Team von McLean Reitsport wird fast nur Englisch gesprochen. Der Chef Warwick McLean (34) ist Australier, seine Frau Carolina (29) Finnin, weitere Team-Mitarbeiter kommen aus Australien, Kanada, den Niederlanden, Österreich und Finnland. Da kann es schon einmal passieren, dass drei junge, blonde Frauen im Reitdress vor einem an der Kasse von Real im Gewerbegebiet Höhenhöfe stehen. Sie sprechen in einer Sprache, die man überhaupt nicht versteht. Der Schriftzug „Equine College Ypäjä“, dem finnischen Zentrum für Reitsportteams, verrät die Herkunft der Reiterinnen, die zu Besuch sind.

Der neue Besitzer des Gehlenhofes ist Christian Königs, Geschäftsführer der Königsgruppe für Zahlungsmanagement. Heute kann man kaum glauben, wie es 2004 dort aussah. Eine Windhose ist genau über den Hof hinweggefegt, hat die Reithalle abgedeckt und Mauern einstürzen lassen. Königs übernahm 2006 die zerstörte Hofanlage und baute vieles neu auf. Er ist sehr glücklich, mit dem Team von McLean einen in der Branche weit bekannten Trainer auf dem Gehlenhof zu haben, der die Sieger von morgen trainiert. McLean besitzt das Pferde-Gen. Die Familie, aus der Warwick stammt, hat seit 115 Jahren in jeder Generation mit Pferden zu tun.

Sein Vater Andrew hat nicht nur eine große Farm, sondern ist auch international renommierter Pferdewissenschaftler, der eigene Trainingsprogramme für Pferde entwickelt hat. Die Lernprogramme, die auch Sohn Warwick anwendet, arbeiten nicht mit Druck, sondern kommen sanft und nachhaltig ans Ziel. Doch als „Pferdeflüsterer“ versteht sich McLean nicht, er rede ganz normal mit den Pferden — und muss lachen.

Das Team McLean arbeitet fast ausschließlich mit Dressurpferden. Diese wertvollen und auch sehr teuren Pferde könne man nicht brachial behandeln, auch wenn es auf die sanfte Art vielleicht etwas länger dauere. Durch die Forschungen seines Vaters kann Warwick McLean belegen, dass das Gehirn eines Pferdes ganz anders als beim Menschen funktioniert, vor allem die Erinnerungen. Wenn ein Pferdeanhänger mit einem Tier bei einem Fahrmanöver oder Unfall umfällt, wird das Pferd am nächsten Tag wieder ohne Zögern den Hänger besteigen. Das Tier verbindet nicht das Fahrzeug mit dem Unfall, anders als das bildliche Gedächtnis beim Menschen. Dafür hat das Pferd genau die Kurvenbewegung vor dem Umstürzen in Erinnerung.

Es kommt aber nicht nur auf das Pferd an, sondern natürlich auch auf den Reiter. Der Reiter muss dem Pferd Vertrauen vermitteln. Gerade bei Springturnieren — das Springen an sich gehört zu den natürlichen Instinkten des Tieres — kommt es auf eine optimale Verbindung zwischen Mensch und Tier an. Auch Jessica von Bredow-Werndl aus München, Mitglied im deutschen Championatskader, war schon in Tönisvorst — oder Warwick McLean reiste nach München, um die Tiere dort zu trainieren. Carolina und Warwick McLean kaufen vielfach auch junge Pferde und verkaufen sie nach ihrem Training wieder. Beide schwärmen von Deutschland. In England gebe es zwar eine sehr gute, aber kleine Reitszene. Die deutsche Reitszene sei viel breiter aufgestellt, es gebe wesentlich mehr gute ambitionierte Laien. Die McLeans haben für sich und ihren Nachwuchs ein Haus in Tönisvorst gekauft. Sie schätzen auch die Nähe zum Düsseldorfer Flughafen. Denn über Dubai komme man gut direkt nach Australien. hb