Es summt und brummt im Bienenland

Im Anrather Bienenland produziert die Familie van den Bongrad so einiges rund um das fleißige Insekt.

Foto: kurt Lübke

Anrath. Der größte Arbeitgeber der Stadt Willich hat seinen Firmensitz irgendwo im Nirgendwo zwischen Anrath und Neersen. Mehrere Millionen Beschäftigte im In- und Ausland legen sich für Iris van den Bongard und ihren Vater Johann ins Zeug. Gleichwohl kann sich der Betrieb mit Fug und Recht als Manufaktur bezeichnen. Denn bei den Mitarbeitern handelt es sich bis auf zehn menschliche Ausnahmen um — Bienen.

Die Imkerei am Donkweg bezeichnet sich selbst als „Bienenland“, und tatsächlich summt und brummt es rund um das einsam zwischen Wald und Feld stehende Haus. „1981 habe ich mit einer reinen Honigimkerei angefangen“, erinnert sich Johann van den Bongard. Was damals noch ein Hobby war, machte der Anrather Jahre später zum Beruf. Um sein Unternehmen vor den Risiken der Witterung zu schützen, baute er neben der Honigproduktion nach und nach weitere Standbeine auf.

„Akazienhonig werden wir in diesem Jahr wohl nicht bekommen“, bedauert der Imkermeister. Das Wetter ist schuld daran. Im Vorjahr gab es erhebliche Einbußen beim Sonnenblumenhonig, der deshalb auch nur in kleinen Gläsern verkauft wird.

Für eine kleine Imkerei, die nur auf Honig spezialisiert ist, kann zum Beispiel ein völlig verregnetes Frühjahr erhebliche Umsatzeinbußen zur Folge haben. Deshalb werden am Donkweg auch andere Dinge produziert, die allerdings alle mit Honig zu tun haben. Zum Beispiel Wein.

Met, den man heiß und kalt genießen kann, stellen Imker schon seit tausenden von Jahren aus Honig, Wasser und Hefe her. Es gibt ihn natürlich pur, doch im Anrather Bienenland wird auch gerne damit experimentiert. „Wir machen dazu kein Brainstorming, es ergibt sich einfach so“, berichtet Iris van den Bongard. Pflaumen- und Aprikosen-Honig-Wein hat sie zum Beispiel im Angebot, aber auch Sorten, bei denen Heidelbeer- oder Kirschsaft das Wasser ersetzt. In diesem Jahr gibt es erstmals Granatapfel-Honig-Wein, die junge Imkerin mag dagegen die Sorte mit Erdbeeren lieber: „Schön gekühlt — klasse.“

„Wir lassen den Met drei Monate vollständig durchgären und süßen mit Honig nach. Dann bekommt man auch keinen dicken Kopf davon“, berichtet ihr Vater augenzwinkernd aus dem Produktionsprozess. Die Imkerei arbeitet dabei völlig autark, da sie über eigene Filteranlagen, Sterilisation und eine Flaschenabfüllung verfügt. Auch bei der Produktion diverser Liköre kommen diese zum Einsatz.

Gegossen, geknetet, gezogen, gedreht oder aufgetaucht wird dagegen in einer anderen Abteilung der Manufaktur. Denn im Bienenland werden auch Wachskerzen von Hand hergestellt.

Im kleinen Verkaufsraum fällt der Blick im Regal auf die abenteuerlichsten Kerzen-Formen. Da gibt es je nach Jahreszeit Elche, Weihnachtsbäume und Schneemänner, aber auch Buddhas aus Bienenwachs. Ebenso im Angebot ist ein filigran ausgeführter Kölner Dom sowie ein Geißbock, bekanntlich das Maskottchen des Fußballvereins der Domstadt: Johann van den Bongard ist ein Fan der Kölner Kicker. Eine Fohlen-Kerze sucht man bei ihm bisher aber vergeblich.

Die Kerzenformen stellt die Imkerei selbst her — rund 300 verschiedene sind mittlerweile vorhanden. Von den Vorlagen für die Kerzen wird zuvor ein Silikon-Abguss erstellt. „So etwas lernt man in der klassischen Imkerei-Ausbildung allerdings nicht“, sagt Iris van den Bongard und lächelt. Im Sommer 2014 hatte die damals 24-Jährige mit der Note 1,59 den besten Abschluss als Tierwirtin, Fachrichtung Imkerei, in ganz Deutschland geschafft. In Anrath bildet sie mittlerweile selbst den Imker-Nachwuchs aus.

Der aktuelle Azubi lernt bei ihr auch, wie man Honig-Senf mit Chilli oder Tomate herstellt. Und er kann ihr zusehen, wie neue Rund-Etikette für die Honiggläser entworfen und bedruckt werden. Seit September 2016 ist das Bienenland auch in dieser Hinsicht unabhängig.

Das jüngste Ergebnis dieser Arbeit bekommen derzeit die Besucher der Neersener Schlossfestspiele zu Gesicht: Für das Stück „Honig im Kopf“ hat die Anrather Imkerei 1000 Gläser mit Blütenhonig produziert, die Hälfte davon wurde an die Premierengäste verschenkt. Das Etikett, auf dem Hauptdarsteller R. A. Güther zu sehen ist, entstand nach dem Entwurf eines Künstlers — natürlich ebenfalls im Bienenland.