Fahrlässig - Toter beim Schützenfest
Die Schaustellerin, die den Fest-Besucher angefahren hatte, muss 2700 Euro Geldstrafe zahlen.
Willich. War es fahrlässige Tötung oder ein tragischer Unfall? Im Sommer 2009 war ein 40-jähriger Mönchengladbacher am letzten Tag des Willicher Schützenfestes bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Eine Krefelder Schaustellerin (50) musste sich deshalb am Mittwoch vor dem Amtsgericht verantworten. Ihr wurde fahrlässiger Tötung vorgeworfen.
Die Frau wollte gegen 1 Uhr nachts nach der Mallorca-Schlagerparty ihren Transporter vom Kirmesplatz fahren. Dabei geriet einer der Besucher unter ihren Hänger, der breiter ist als das Zugfahrzeug. Der Mann wurde mitgeschleift und erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen: Leber- und Milzriss.
"Ich habe in einer Schlange gewartet, bis ich vom Platz fahren konnte, bin nur ein kleines Stück vorgerückt - und dabei muss es passiert sein", sagte die Frau am Mittwoch aus. Das Unglück habe sie erst bemerkt, als Zeugen an ihr Autofenster klopften.
Die Zeugen hatten zusammen mit dem Opfer das Fest verlassen. Vor Gericht erklärten sie übereinstimmend, dass das Gespann "deutlich zu schnell" und "ganz nah an uns vorbei" gefahren sei. "Wenn ich nicht einen Schritt zur Seite gemacht hätte, wäre ich auch überfahren worden", sagte eine der Frauen.
Davon, dass das Opfer zuviel getrunken habe - im Krankenhaus ermittelte man einen Blutalkoholwert von 2,38 Promille - und deswegen vor den Hänger getorkelt sei, hatte keiner etwas bemerkt.
Ein Willicher Ehepaar erklärte, dass die Schaustellerin schon vorher zu schnell gewesen sei. "Ich habe dem Auto wüste Beschimpfungen hinterher gerufen", sagte die Frau. "Ich wusste, dass gleich etwas passiert. So rücksichtslos wie die gefahren ist." Eine Mitarbeiterin der Angeklagten hingegen bestätigt die Aussage ihrer Chefin, die immer wieder betont, dass sie mehr als 30 Jahren unfallfrei unterwegs gewesen sei.
Zur Klärung der Schuldfrage trug der Verkehrssachverständige bei. Wäre das Opfer - wie es sich aus dem geringen Überstand des Hängers ergibt - nur an der Schulter berührt worden, wäre es nicht so vollständig überfahren worden.
Die Geschwindigkeit habe maximal 8,4 bis 11 km/h betragen - lediglich doppelt so schnell wie ein Fußgänger. "Der Mann muss vor den Hänger getreten sein. Warum auch immer." Der Sachverständige vermutetet, dass sich der Weg an der Unfallstelle verengt und der Gladbacher den Hänger nicht bemerkt hatte.
Das Gericht verurteilte die Schaustellerin zu 90 Tagessätzen á 30 Euro. "Der Vorwurf der Fahrlässigkeit ist nicht groß", sagte der Richter, "aber er besteht." Auf einem Schützenfest müsse sie mit alkoholisierten Menschen rechnen und so langsam fahren wie die Fußgänger gehen - oder aber das Fahrzeug von Begleitpersonen sichern lassen.
"Bei diesem Vorfall spielte die Tragik eine große Rolle", sagte der Richter weiter. "Deswegen wäre eine Freiheitsstrafe nicht angemessen." Der Anwalt der Angeklagten kündigt Berufung an.