Festspiele: Hohenloher Figurentheater - Das ungeahnte Leben der Puppen
Das Hohenloher Figurentheater lief zu Hochform auf.
Neersen. Gut, die Handlung war etwas verwirrend. Was ist real, was nicht? Wer ist Opfer, wer Täter? In einem Varieté ist das aber nicht so wichtig. „Varieté Olymp“ heißt das neueste Erwachsenen-Programm des Hohenloher Figurentheaters. Das gehört schon seit Jahren auf den Spielplan der Schlossfestspiele.
Diesmal sollten sich Johanna und Harald Sperlich selber übertreffen. Sie faszinierten das Publikum 80 Minuten lang mit einer Mischung aus Magie, Clownerie, Akrobatik, Musik und Feuershow. Und sie erweckten Figuren zu ungeahntem Leben.
Jedes einzelne der 150 Jahre Erfahrung der Puppenspieler-Dynastie Sperlich glaubte man den beiden Akteuren anzumerken. Diesmal bespielten sie die ganze Bühne, erzählten zuerst vom vermeintlichen Mord und dem anschließenden Selbstmord in einem kleinen Varieté. Die Zuschauer erlebten zunächst kleine Handpuppen. Später, als sie die unterschiedlichsten Varieté-Künstler kennenlernten, waren die Puppen 80 Zentimeter groß. Und ungemein beweglich.
„Wir werden Sie in eine Welt begleiten, die Sie nur ungern wieder verlassen“, hatte der Conferencier versprochen. Später begeisterte er das Publikum, als er einen unheimlich langen Hals bekam und seine Beine plötzlich wuchsen wie Stelzen. Die rotgelockte Marie Leriere, die hoch in der Luft in einem Reifen turnt, Martha, die Sängerin im XXL-Format, Emil Nada, der es sich auf dem Nagelbrett gemütlich macht und einige mehr: Die Zuschauer lernten ausgeprägte Charaktere kennen, denen Johanna und Harald Sperlich Leben einhauchten, sodass sie mitunter wie lebendige Wesen wirkten — einfach toll.
Dazu kamen jede Menge spezieller Effekte. So wurde Emil Nada zum Feuerspucker. Immer wieder gab der sprechende Hund Herbert Grund philosophische Weisheiten von sich wie diese: „Je stiller du bist, desto besser kannst du hören.“ Je stiller das Publikum war, desto besser hörte es die stimmgewaltigen Akteure. Vor allem Johanna Sperlich hatte diesbezüglich einiges zu bieten: Ob anspruchsvoller Gesang oder hysterisches Kreischen — sie fand immer den richtigen Ton. Dass am Schluss nicht so ganz klar war, wer denn nun tot war und wer nicht, konnte nicht wirklich stören.
Die Eindrücke zählten, die das Hohenloher Figurentheater bei den Zuschauern hinterlassen hatte. Eine sehr schöne Inszenierung, wie man sie so vermutlich sehr selten geboten bekommt.