Wahl-Check Politik für die Jugend: Von Streetwork bis Skatpark
Tönisvorst · Die Kommunalwahl 2020 in NRW sieht das Wahlrecht ab 16 Jahre vor. Nicht nur das sollte ein Grund dafür sein, die Bedürfnisse von jungen Menschen programmatisch in den Blick zu nehmen. Das tun die Parteien vor Ort, mit unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen.
Die WZ-Redaktion wollte von der Tönisvorster Lokalpolitik wissen: „Welche Ideen für Tönisvorster Teenager und junge Erwachsene sieht Ihr Wahlprogramm vor? Wie beurteilen Sie das aktuelle Freizeit-/Bildungs-Angebot für Heranwachsende in Tönisvorst? Was wollen Sie umsetzen, um das etwa in der „Stek Tönisvorst 2035“-Umfrage als mangelhaft beschriebene Angebot des öffentlichen Nahverkehrs innerhalb von Tönisvorst zu verbessern?“
Hier nun die Antworten von CDU, SPD, Grünen, UWT, FDP und GUT. Die Reihenfolge orientiert sich an den Ergebnissen der Ratswahl von 2014.
Besseres Gastronomieangebot und mehr Anbindung an ÖPNV
CDU: „Tönisvorst besitzt ein hervorragendes Bildungs- und Betreuungs-Angebot, für Kinder und Jugendliche. Unser Ziel ist es, dies zu erhalten, im Bereich der OGS auszubauen und die Digitalisierung der Schulen konsequent voranzutreiben.
Jugendliche brauchen Raum, um sich zu treffen. Wir sehen die Situation im Vereinsleben (ob Sport oder andere Angebote) aber auch im Bildungsangebot als sehr positiv. Mit zwei Jugendfreizeiteinrichtungen, jeweils in unseren beiden Ortsteilen, sind wir gut ausgestattet und in Vorst wird dank Landesgeldern richtig investiert.
Durch eine gemeinsame Initiative unserer CDU-Landtagsabgeordneten und unseres Bürgermeisters wurden Fördermittel in Höhe von 340 000 Euro aus dem Bund-Länder-Programm für die Neugestaltung des Außengeländes des Jugendzentrums in Vorst bewilligt.
Tönisvorst besitzt ein sehr aktives Vereinsleben, dies wollen wir verstärkt fördern. Zudem unterstützen wir die Zielsetzung unseres Bürgermeisters, die Einrichtung eines Mehrfach-Sportfelds zum Basketball, Hockeyspielen und Inlineskaten sowie einer Kletterhalle.
Aber gerade eine attraktive Abendgestaltung ist für junge Leute eine Herausforderung und oftmals nur in benachbarten Städten zu haben. Hier wollen wir mehr machen. Unsere Jugendorganisation JU hat hierzu konkrete Ideen, wie ein verbessertes Gastronomieangebot aussehen könnte und möchte diese mit ihren Stadtratskandidaten auch in die Ratsarbeit einbringen. Damit die Jugend in Tönisvorst direkt eine Stimme bekommt, haben wir Wahlbezirke mit Vertretern aus der Jungen Union besetzt.
Wir wollen die Radwegesituation und die Anbindung an den ÖPNV verbessern. Wir haben das Radwegekonzept und das Radwegekataster, zur Optimierung der Verkehrswege sowie der Verbesserung der baulichen Zustände durchgesetzt. Nun gilt es diese umzusetzen. Auch der Lückenschluss der „Schlufftrasse“ gehört zu unseren Zielen. Zur Verbesserung des Nahverkehrs wollen wir den Wilhelmplatz als Mobilitätsknotenpunkt ausbauen und eine bessere Anbindung an die Buslinien schaffen. Wir setzten uns zudem für eine bessere Busanbindung an den Bahnhof „Forsthaus“ im Forstwald ein.
Vereine stärken und kostenfreie Fahrten mit dem Bürgerbus
SPD: „Kinder und Jugendliche brauchen in ihrer Nachbarschaft Räume mit kostenlosen Angeboten. Jugendzentren sind sowohl Schutzräume als auch Orte zur Kommunikation. Sie werden professionell begleitet, bieten aber auch Gestaltungsspielraum und Experimentierfläche für die Köpfe von morgen. Wir wollen Räume für Jugendliche und Kinder schaffen, die nach eigenen Bedürfnissen, außerhalb der Schule, selbst gestaltet werden können. Dabei erkennen wir die digitalisierte Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen an und wollen gezielt Projekte fördern, die mathematisch-naturwissenschaftliche, aber auch künstlerische Kompetenzen vermitteln. Wir wollen jungen Menschen dabei helfen, sich auszuprobieren und ihre Grenzen zu überwinden.
Dabei muss Tönisvorst Heimat für alle sein, ungeachtet ihres Geldbeutels oder ihrer Herkunft. Jeder einzelne, der hier lebt, ist ein Teil dieser Gesellschaft und soll hier gut leben können. Deshalb wollen wir den Zusammenhalt und das Miteinander stärken. Auch wer finanziell schlechter gestellt ist, soll Kultur- und Naturangebote nutzen können, ohne dafür zahlen zu müssen. Tönisvorst verfügt über eine unglaubliche Vielfalt an Vereinen und Organisationen, die eine hervorragende ehrenamtliche Jugendarbeit leisten. Dieses Engagement wollen wir wertschätzen und stärken, sowohl finanziell wie auch ideell.
Die ehrenamtlichen Fahrer des Bürgerbusvereins steuern seit mehr als 20 Jahren Ziele an, die nicht von den Bussen und Bahnen der öffentlichen Verkehrsmittel angefahren werden. So bleiben auch körperlich eingeschränkte Menschen mobil. Gleichzeitig leistet der Bürgerbus durch seine Fahrten seit 20 Jahren einen wesentlichen und aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Wir wollen, dass die Fahrten des Bürgerbusses künftig kostenfrei sind. Gemeinsam mit dem Verein muss überlegt werden, das Angebot zu modernisieren und das Streckennetz zu erweitern.“
Für Jugendparlament und lebensnahe Angebote
Grüne: „Wir wollen mit den Jugendlichen reden und nicht über sie. Es muss für sie mehr Möglichkeit geben, sich einzubringen und mitzumachen, zum Beispiel in einem Jugendparlament. Neben der bereits sehr guten Vereinsstruktur in Tönisvorst, die wir weiterhin stärken wollen, ist es wichtig, lebensnahe Angebote für Jugendliche zu schaffen. Cafés für junge Menschen, freies W-Lan in der Innenstadt, Kino, Musik, Film. Auch ohne Auto muss man bei uns unabhängig und mobil sein können: Der ÖPNV muss günstiger, der Bürgerbus ausgebaut werden, ein neuer Bahnhof zur Anbindung des RE10 in Benrad – Möglichkeiten gibt es viele. Die Zukunft unseres Planeten treibt viele Jugendliche um, daher wollen wir, dass dem ausgerufenen Klimanotstand endlich ernstzunehmende Maßnahmen folgen.“
BMX- und Skaterpark, Jugendbüro mit Mädchen-Beratungsstelle
UWT: „Ein bestimmter Kreis der Jugendlichen und jungen Erwachsenen nutzen in der Stadt die Jugendfreizeiteinrichtungen und das große Vereinsangebot. Dennoch gibt es viele Jugendliche, die durch die Angebotsraster fallen.
Wir möchten das Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene erweitern: Unsere Vorstellung wäre ein großer BMX- und Skaterpark zur Erweiterung des sportlichen Angebotes. Darüber hinaus möchten wir uns für die Einrichtung eines Jugendbüros mit teilweiser Selbstverwaltung durch die Jugendlichen und dort verankert eine spezielle Mädchenberatungsstelle engagieren. Die Jugendlichen sollen einen Platz in der Stadt erhalten, gegebenenfalls auch in Randlage, an dem sie sich selbst verwirklichen können, Musik machen, sich treffen, Kleinkunstveranstaltungen organisieren, Coworkingspaces vorfinden, zusammen arbeiten und lernen und Start-Ups gründen können.
Das Ganze soll unterstützt werden sowohl von der Stadt als auch von privaten Unterstützer*Innen und Finanzgeber*Innen, die sinnhafte Beschäftigungen von Jugendlichen für ebenso wichtig und wertvoll halten.
Hinsichtlich der erforderlichen Verbesserungen im ÖPNV-Angebot können wir – und alle anderen auch – nur versuchen, mit den jeweiligen Verkehrsbetrieben im Gespräch zu bleiben und die Harmonisierung und Bedarfsanpassungen an den Bedarf der Nutzer*Innen voranzutreiben.
Wir geben kein Wahlversprechen in dieser Richtung, denn die Stadt Tönisvorst ist in keinem der Betriebe Mitgesellschafterin oder Mitglied und die Möglichkeiten der Einflussnahme auf Entscheidungen marginal. Alles andere ist nur Wahlkampfgetöse.
Wir würden uns dafür einsetzen, dass der Bürgerbus finanziell besser ausgestattet wir, damit dieser mehr Fahrten unternehmen kann.“
Spontanpartys mit konzeptioneller Begleitung
FDP: „Gerade für Kinder und Jugendliche sind die Bildungschancen vor Ort in Tönisvorst entscheidend. Passgenaue Angebote bedeuten Lebensqualität. Für die FDP haben deswegen Investitionen in Bildung oberste Priorität.
Wir meinen nicht nur die schulische Bildung, sondern auch die in den trägerbegleitenden Einrichtungen, in Vereinen und in Sportstätten. Ausreichend Personal, qualitativ gut ausgestattete Räume, Freizeitanlagen mit größeren, gepflegten Grünflächen sind ebenfalls eingeschlossen. Die Mitbestimmung von Jugendlichen zu Zukunftsprojekten muss selbstverständlich werden, wie es bei der Umgestaltung des Außengeländes des JFZ „Wohnzimmer“ bereits gelungen ist, einschließlich des Anzapfens von Fördertopfen.
Die FDP regt außerdem an „Spontanpartys“ als private, nichtkommerzielle Zusammenkünfte, durch konzeptionelle Begleitung zu realisieren. Haben wir Vertrauen in unsere Heranwachsenden, dass sie selbst am besten wissen, wie sie ihre freie Zeit nutzen wollen.
Junge Menschen früh für Politik zu begeistern, geht über erlebte Partizipation. Das in Planung befindliche „kommunalpolitische Praktikum“ für Jugendliche begrüßen und begleiten wir sehr gern. Selbst planerische Freiheit übernehmen bedeutet: Spaß und Verantwortung.
Individuelle Mobilität ist gelebte Freiheit, auch um Freizeitangebote in den Nachbarkommunen wahrzunehmen. Aber auch Schüler, Studenten und Auszubildende sind auf schnelle Verbindungen angewiesen.
Wir setzen uns deshalb für einen besseren ÖPNV, gut ausgebaute Fahrradwege/Radschnellwege ein. Um eine schnellere Anbindung an Düsseldorf zu erreichen, soll so schnell wie möglich der Haltepunkt Benrath auf Tönisvorster Gebiet wieder geschaffen werden.
Streetworker und Straßenbahn zwischen St. Tönis und Vorst
GUT: „Das Angebot der Großstädte, welches die Jugendlichen ab einem gewissen Alter suchen, können wir nicht schaffen. Aber wir können es verbessern, so dass es zukünftig wenigstens einen Streetworker in unserer Stadt gibt und dass Kinder und Jugendliche, die in dieselbe Klasse gehen, zwischen Vorst und St. Tönis sich mit der Straßenbahn besuchen fahren können, auch ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen.
Für den Ausbau des Schienenverkehrs gibt es bis Ende des Jahrzehnts massive Fördermittel von Land und Bund. Mehr Unabhängigkeit und eine engere Verknüpfung der Stadtteile bedeuten dieser Altersklasse, nach den Rückmeldungen, die wir bekommen haben, viel. Eine Erhöhung der Taktung der Buslinien, besonders zu den Bahnhöfen nach Anrath, Forstwald und Kempen ist ebenfalls dringend nötig.“