Tönisvorst Kackfrech und ziemlich respektlos
Simone Solga gab im Forum die „Kanzler-Souffleuse“.
Tönisvorst. Frech, respektlos - aber mit Augenzwinkern, und politisch sehr bewandert. So präsentierte sich Simone Solga am Freitag im Forum Corneliusfeld. Das einzige, was man nach einem über zweistündigen Kabarettabend wünschte war, dass beim nächsten Mal das Forum doch viel voller sein würde. Denn weniger als 300 Zuhörer waren zur Veranstaltung des Stadtkulturbundes gekommen.
Dennoch gab’s am Ende des positiv-anstrengenden Abends einen Applaus, der es in sich hatte. Wobei — der erste Applaus für ihr Programm, das sie als „Kanzler-Souffleuse“ unter dem Titel „Im Auftrag Ihrer Kanzlerin“ gestellt hatte, dauerte nur enttäuschende vier Sekunden, wie Solga feststellte. Gut, es waren doch etwas mehr, aber nicht die 12 Minuten, die die Kanzlerin bei ihrem letzten Parteitag bekommen hatte, als sie zur erneuten Kandidatur angetreten war. Was an einem Totensonntag sehr sinnhaft war, wie die scharfzüngige Kabarettistin konstatierte.
Gerne hätte Solga ihre Kanzlerin mitgebracht, doch die musste nach Washington. Es blieb offen, was angenehmer wäre. Solga schaute im Forum der Politik ebenso aufs Maul wie der normalen Bevölkerung. Sie machte nicht halt vor Erdogan, Flüchtlingen, die sie politisch korrekt „herkunftsvariable Neubürger“ nannte. Nein, ein Blatt nahm sie nicht vor den Mund, nannte Merkel die „Stradivari unter den Arschgeigen der CDU“. Die CSU ist für sie die „Alpen Taliban“, und für Trump und Erdogan hatte sie keine netten Worte in petto.
Bei ihrer gesamten Show spielte sie immer wieder auf ihre Jugend und das Erwachsenwerden in der DDR an und stellte fest, dass für sie noch nie eine gute DDR-Erziehung so wichtig war wie heute. Was nicht nur am maroden Zustand vieler Straßen, Brücken und Schulen im Westen liegt — das kannte sie von vor der Wende noch. Nein, es ging ihr um die Wendelhälse. Die hatte sie besonders auf dem Kieker und zeigte Unverständnis für Ossis, die sich über „Wirtschaftsflüchtlinge“ aufregen.
In der zweiten Hälfte schaute Solga mehr dem Volk aufs Maul als dass sie die aktuelle Politik beleuchtete. Wobei sie nicht umhin kam, der Linken mit auf den Weg zu geben, dass — wenn man sich immer um sich selbst drehe — man sich nicht wundern dürfe, wenn man andere ankotzt. Pegida und Co. bekamen auch ihr Fett weg. Wobei Solga dies nicht pauschal machte. Vielmehr vertrat sie Meinung, dass jeder seine Meinung sagen sollte. „Schreit sie heraus“ rief sie. Denn das sei besser, als diese hinter vorgehaltener Hand zu flüstern.
Ein Satz, den vielleicht viele an dem Abend mit nach Hause genommen haben dürften, war der: „Toleranz wächst mit der Entfernung vom Problem“. Über zwei Stunden bestes Kabarett lagen hinter dem Publikum. Mit Lachern, aber auch Momenten zum Nachdenken. bec