WZ-Wahlcheck zur Kommunalwahl 2020 Kompromisse oder Kontroverse?
Tönisvorst · Wir haben die antretenden Parteien gefragt, wie sie zur interfraktionellen Zusammenarbeit stehen.
. Mehr erreichen miteinander? Politik in und für eine Stadt zu machen, bedeutet auch, Kompromisse machen zu müssen. Oder sollte man formulieren „zu können“? Profitiert eine Stadt wie Tönisvorst letzlich von einem politischen Aufeinanderzugehen trotz unterschiedlicher Sichtweisen? Oder verwässert das politsche Willensbildung und Umsetzung?
Die WZ-Redaktion hat die Parteivorsitzenden von CDU, SPD, Grünen, UWT, FDP und GUT gefragt: „Wie beurteilen Sie die interfraktionelle Zusammenarbeit in Tönisvorst? Was halten Sie von strategischen Partnerschaften, wie sie zum Beispiel in Willich CDU und Grüne umsetz(t)en? Welche Themen/Entscheidungen für Tönisvorst sind in der laufenden Legislaturperiode gescheitert, weil es keine ausreichende Kompromissbereitschaft gab?“
Das sind die Antworten – wie im WZ-Wahlcheck Usus in der Auflistung, die wir nach dem Ergebnis der vergangenen Kommunalwahl 2014 ausgerichtet haben.
Gegen populistische Stimmungsmache
CDU: „Interfraktionelle Zusammenarbeit war in Tönisvorst schon immer notwendig, um Mehrheiten für seine Ideen zu bekommen. Bezüglich der Zusammenarbeit standen und stehen wir allen Fraktionen offen gegenüber, solange es um sachorientierte Politik geht, für populistische Stimmungsmache stehen wir allerdings nicht zur Verfügung.
Wir hätten uns gewünscht, dass alle Fraktionen auch in schwierigen Zeiten immer Verantwortung für unseren städtischen Haushalt übernommen hätten, so wie wir es getan haben. Den Ratssaal unter Getöse zu verlassen, war Flucht vor der Verantwortung.“
Zusammenarbeit mit demokratischen Kräften
SPD: „Mit unserer Politik wollen wir vor allem eines erreichen: Jede und jeder soll in Tönisvorst ein gutes, freies, sicheres und erfülltes Leben führen und die eigenen Ideen verwirklichen können – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Einschränkungen, Alter oder finanzieller Situation.
Dafür wollen wir die notwendige Unterstützung bieten. Wir sind gerne bereit, mit allen demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten, die diese Ziele unterstützen.“
Grundsätzlich allen Fraktionen offen gegenüber
Grüne: „Das Klima im Rat ist seit dem Eklat vom 16.01.2019 unverändert schlecht. Dies ist nicht unbedingt Schuld der Fraktionen, sondern lag an der Schwäche des Sitzungsleiters. Er hätte hier vermittelnd eingreifen müssen, um die Situation zu entschärfen. Möglichkeiten gab es reichlich. Zu Beginn der Wahlperiode 2014 hatten wir eine strategische Partnerschaft mit der CDU-Fraktion. Die Vereinbarung bestand darin, dass wir gemeinsam den Haushalt diskutieren wollten. Mit dem Wechsel im Fraktionsvorstand von Helmut Drüggen zu nun zwei Fraktionsvorsitzenden wurde diese strategische Partnerschaft von der CDU beendet. Mehrheiten waren leichter mit UWT und FDP zu finden. Nach der Wahl wird sich der Rat neu konstituieren. Darin sehen wir auch eine Möglichkeit des Neuanfangs für alle politischen Fraktionen. Grundsätzlich stehen wir allen politischen Fraktionen offen gegenüber, da es uns um politische Inhalte geht.“
Legen Wert auf die Unabhängigekeit
UWT: „Es gibt teilweise und punktuell interfraktionelle Zusammenarbeit. Für uns waren und sind die Themen die Entscheidungsgeber und nicht andere Fraktionen. Wir wollen unter allen Umständen unabhängig bleiben. Wir möchten Sachthemen sachlich und sachgerecht behandeln und nicht den einen ‚Deal‘ mit dem anderen verknüpfen. Wir haben viele junge Leute in unserer Wählergemeinschaft, deren Sicht auf bestimmte Themen ist naturgemäß modern und zukunftsorientiert.
Oberflächlich betrachtet ähneln sich die Wahlprogramme der einzelnen Parteien. Wir wissen aber aus Erfahrung, dass auch aufgrund der Altersstruktur in den anderen Fraktionen die Umsetzung von plakativ angekündigten Sichtweisen häufig daran scheitert, dass die älteren, schon viele Jahre im Rat tätigen Fraktionsmitglieder die Bewegung in Richtung Zukunft verhindern. Wir möchten uns auf keinen Fall im Vorfeld festlegen. Wir werden mit dafür sorgen, dass die Themen zukunftsorientiert sind. Wer mit uns gehen möchte, mit dem arbeiten wir gerne zusammen, wer nicht, kann nicht erwarten, dass wir zukünftig aus strategischen Gründen Partnerschaften eingehen. Das gilt weder für die Wahl eines Bürgermeisters noch für die Bearbeitung von Sachthemen. Wir sind wirklich unabhängig und legen Wert darauf, dies auch zu bleiben.“
Bereitschaft zur Zusammenarbeit hat stetig abgenommen
FDP: „Die Bereitschaft zur interfraktionellen Zusammenarbeit war zu Beginn der Wahlperiode bei allen Parteien im Stadtrat von Tönisvorst vorhanden und hat im Zeitablauf dann aber leider kontinuierlich abgenommen. Wir hatten den Eindruck, dass zunehmend auch persönliche Animositäten dabei eine Rolle spielten und teilweise auch der Streit nur um des Streitens Willen geführt wurde. Diese Art von Politik entspricht nicht dem Gestaltungswillen der FDP, die oftmals zu Kompromissen bereit war und in diesem Rat der wechselnden Mehrheiten auch Beschlüsse mit allen Seiten gefasst hat.
Trotzdem oder gerade deshalb können wir uns in der FDP aber auch tragfähige strategische Partnerschaften vorstellen, um mit einer gewissen Stabilität zügig zu Entscheidungen zu kommen. Zu Beginn der nächsten Wahlperiode stehen wir daher gern für entsprechende Gespräche zur Verfügung, wobei uns aber wichtig ist, dass in einer strategischen Partnerschaft auch liberale Politik erkennbar wird. Gescheitert ist zuletzt leider die zügige Standortfestlegung für einen Verwaltungsneubau am aufziehenden Wahlkampf und großen Egoismen kleinerer Parteien.“
Mehr Kompromissbereitschaft erwünscht
GUT: „Die Zusammenarbeit im Rat hat sich im Laufe der Zeit schwieriger gestaltet, vielleicht auch der langen Ratsperiode geschuldet. Innerhalb der einzelnen Gruppierungen gab es in dieser Zeit große Veränderungen. Ein paar junge Gesichter würden dem Rat sicherlich guttun.
Wir wünschen uns weniger ideologische und persönliche Vorbehalte zwischen den Fraktionen. Überall liest man momentan, dass alle nur das Beste für die Stadt wollen. Kompromissbereitschaft dafür fehlt aber vielmals. „Schottergärten“ sind so ein Beispiel dafür, es geht um keine Etablierung von „Verbotskultur“, aber jeder Bauherr und Architekt weiß, wie viele Auflagen zu allem Möglichen in Bebauungspläne geschrieben werden, bis hin zur Farbe des Gartenzauns, da würde ein Absatz mehr zu Schottergärten in Zukunft niemandem weh tun.“