Knast-Planung: Erlaubnis zum Abriss ist schon erteilt
Die denkmalgeschützten Hafthäuser werden Neubauten weichen müssen. Es gebe daran ein „öffentliches Interesse“.
Anrath. Schon im nächsten Jahr könnten die Bagger anrücken: Der lange geplante Neubau eines Männergefängnisses in Anrath scheint Realität zu werden; bereits für 2023 ist die Fertigstellung angedacht (die WZ berichtete). Bevor es mit den Bauarbeiten losgeht, muss jedoch die alte Anstalt abgerissen werden. Kleines Problem dabei: Das komplette Ensemble wurde 1985 unter Denkmalschutz gestellt.
Auf Nachfrage bei der Düsseldorfer Bezirksregierung erfuhr die WZ: Der Denkmalschutz für die Gebäude ist schon Geschichte. „Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, der als öffentlicher Bauherr zuständig ist, hat die denkmalrechtliche Erlaubnis zum Abbruch der denkmalgeschützten Gebäude — Männer- und Frauenhaus der JVA Willich — von der Bezirksregierung Düsseldorf erhalten. Für zwei Gebäude, die Schlosserei und die Schreinerei, wurde zudem ein Teilantrag zur schnelleren Bearbeitung gestellt und von uns genehmigt“, heißt es in einer schriftlichen Antwort der Behörde.
Laut Denkmalschutzgesetz sei die Erlaubnis zum Abbruch dieser Gebäude zu erteilen, „weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Maßnahme vorliegt“. Dies sei der Fall, „weil der Standort Willich für die Justizvollzugsanstalt ausgebaut werden soll und moderne Haftbedingungen für die Insassen baulich umgesetzt werden müssen“.
Die Angelegenheit ist noch bei der Bezirksregierung Düsseldorf in Bearbeitung. Grund: Für den Abschluss des baurechtlichen Verfahrens müssten noch Unterlagen geprüft werden.
Die denkmalrechtliche Abriss-Erlaubnis sei unter der Bedingung erteilt worden, dass „eine qualifizierte Dokumentation zu erstellen ist, die als Sekundärdokument an das Denkmal erinnern wird“. Die Dokumentation sei auf Grundlage eines Leitfadens des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland zu erstellen.
Damit geht ein Stück Ortsgeschichte ihrem dokumentierten Ende entgegen. Nach einem Tornado, der 1891 große Teile Anraths zerstörte, war die Idee entstanden, am dortigen Bahnhof ein Königliches Gefängnis mit „Weiberhaus“ zu bauen. Der finanzschwachen Gemeinde mit einer hohen Zahl an Arbeitslosen sollte so wieder auf die Beine geholfen werden. Die Bauarbeiten auf einem 9,45 Hektar großen Grundstück erfolgten zwischen 1900 und 1904. Die beiden Hafthäuser wurden nach preußischer Bauordnung als vierflügelige Kreuzbauten errichtet. Heute entsprechen sie schon längst nicht mehr dem modernen Standard, vieles ist auch baufällig geworden.
Die ehemalige Frauenhaftanstalt steht leer, seit 2009 der benachbarte Neubau eröffnet wurde. Im Zuge der damaligen Arbeiten, bei der auch eine gemeinsame Umfassungsmauer für beide Anstalten entstand, waren gegen großen Widerstand aus der Bevölkerung 38 denkmalgeschützte Häuser abgerissen worden, in denen JVA-Bedienstete wohnten. Begründet wurde dies damals vom Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes mit „nunmehr geltenden Sicherheitsstandards“.
Nach Ende der Abrissarbeiten werden noch zwei historische Beamtenwohnhäuser außerhalb der Mauer erhalten sein — darunter das Gefängnismuseum.