Gastronomie in Kempen, Willich und Tönisvorst Die Restaurants und das Maß aller Dinge

Vorst/Kempen/Neersen · Die Gastronomie darf sich nach der Corona-Zwangspause wieder trauen. Die WZ blickt zum Re-Start nach Tönisvorst, Willich und Kempen.

Tafelsilber-Inhaber David Lünger muss wie alle Gastronomen auf einen ausreichenden Abstand zwischen den Gäste-Tischen achten.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Normalerweise hantiert David Lünger eher mit Töpfen und Lebensmitteln, in den vergangenen beiden Tagen läuft er aber mit einer Dachlatte in seinem Restaurant „Tafelsilber“ an der Anrather Straße in Vorst herum. Sie ist 1,50 Meter lang und das Maß aller Dinge für die Corona-Abstandsregel. Gemeinsam mit seinem Restaurantleiter Karsten Otten und den Koch-Azubis setzt Lünger die Voraussetzungen für die Restaurantöffnung am heutigen Mittwoch um und plant die für alle neuen Abläufe im Betrieb.

„Wir sind natürlich froh, dass wir wieder aufmachen können“, sagt der junge Koch. Und dass die ersten Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückkommen können. Doch er und seine Kollegen sind auch ein wenig besorgt, dass die Lockerungen nach dem Shutdown bei Misserfolg wieder zurückgenommen werden könnten. „Und das wäre eine Katastrophe“, meint Lünger. Doch jetzt ist erstmal verhaltener Optimismus und Freude auf die Gäste angesagt.

Zurück zur Dachlatte. Sie regelt den vorgeschriebenen Abstand zwischen den Tischen und Stühlen. Wo bislang 14 Tische standen, sind es jetzt nur noch sieben. „Doch wir haben ja das Glück, einen Veranstaltungsraum zu haben. Auch dort werden Tische platziert“, freut sich Lünger. Dennoch wird er nicht auf die Anzahl an Sitzplätzen kommen, die ihm vor der Corona-Krise zur Verfügung standen. das gleiche gilt für die Terrasse. Wer hübsch eingedeckte und dekorierte Tische erwartet, der wird enttäuscht, da jedes Mal, wenn ein Gast nach dem Essen das Lokal verlässt, Tische und Stühle desinfiziert werden müssen.

Auch die Speisekarte ist nun nur noch ein Zettel, der auf jedem Tisch liegt und nach der Bestellung eingesammelt und weggeworfen wird. Bei all dem Ungewissen wird es eine reduzierte Karte geben. „Wir waren auch während der Schließung mit unseren Gästen im Kontakt“, berichtet Lünger. Und so finden sich einige der Wünsche auf der Karte wieder, wie „Vorwegputzen“, Wiener Schnitzel mit Pommes oder Steak mit Bratkartoffeln. Aber es gibt auch zwei Vorspeisen, eine Suppe sowie Seeteufel und Rinderfilet als Hauptgerichte und zwei Desserts. „Eine Weinkarte bieten wir nicht an. Wir geben aber gerne Empfehlungen ab. Und natürlich ist unser selbst gebrautes Bier im Angebot“, sagt Lünger.

Auf jedem Tisch liegt auch eine Liste aus, auf der sich die Gäste eintragen müssen. Auch die Kellner müssen alle 30 Minuten eine Unterschrift leisten, in der sie bestätigen, sich die Hände gewaschen zu haben.

In der Küche könnten die Abstandsregeln gut eingehalten werden. „Wir haben unsere Abläufe und alles gut durchgeplant“, sagt Lünger. Gespannt ist er jedoch, wie sich die neuen Laufwege der Mitarbeiter von der Küche zu den Gästen an die Theke und zurück auswirken könnten. „Vielleicht verlaufen wir uns ja oder sehen uns eine ganze Stunde nicht“, scherzt der Restaurantbesitzer. Er hofft, dass die Umsetzung der neuen Regeln ohne größerer Pannen vonstattengehen und dass die Gäste gelassen auf eventuelle Einschränkungen reagieren. Und nicht zuletzt hofft David Lünger, dass sich genügend Gäste einfinden, damit er auch die restlichen Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen kann. Die ersten Vorbestellungen hat er auf jeden Fall schon.

Ramshof ist in den ersten
Tagen schon ausgebucht

Anders als David Lünger hatte Matthias Stieger vom Landgut Ramshof in Neersen während der Corona-Schließung einen Lieferdienst für seine Speisen eingerichtet. Dieser bleibt weiter bestehen, während das Restaurant seit Montag geöffnet hat. „Wir sind froh darüber“, sagt Stieger. Ob dies eine Perspektive für die Zukunft ist, könne er erst im Januar 2021 sagen. Statt der üblichen 140 Plätze stünden nun nur noch 70 zur Verfügung. Aber er sei durch Vorbestellungen in den ersten Tagen ausgebucht. Manchen Gäste müsste man noch das Corona bedingte Prozedere erläutern. „Aber sie sind sehr verständnisvoll und bereit, die Bedingungen zu erfüllen“, freut sich der gelernte Koch.

Geblieben sind die vor Coronazeiten bekannten Öffnungszeiten sowie die Speisekarte und auch die Preise. In den ersten Tagen mache er den „Vorturner“ für seine Mitarbeiter, die sich auch an die neue Situation gewöhnen müssten. „Aber alle machen gut mit“, so Stieger. Obwohl, alle seine Leute sind noch nicht im Einsatz. Auch der Ramshof hat Kurzarbeit anmelden müssen. „Das wird wohl auch noch vier bis sechs Wochen so bleiben“, denkt Stieger. Erst müsse man sehen, wie sich die Lage entwickelt.

„Comix“ in Kempen muss
Eröffnung verschieben

Mit Blick auf das schon erwähnte Maß aller Dinge musste ein Kempener Gastronom indes seinen Wiedereröffnungs-Traum vorerst zu den Akten legen. Die Rede ist von Daniel Sahni, der das Restaurant „Comix“ an der Peterstraße betreibt. „Wir haben soweit alles vorbereitet. Da wir aber die geforderte Abstandsregelung nicht umsetzen können (Gänge zum Ein-/Ausgang, zur Küche, zu Toiletten etc. müssen eine Durchgangsbreite haben, mit der beim Durchgehen die Einhaltung des 1,50-Meter-Abstandes zu den an den Tischen sitzenden Personen grundsätzlich eingehalten werden kann), müssen wir die Wiedereröffnung verschieben, bis die Regelungen weiter gelockert werden“, teilt Sahni via Facebook mit.

„La Piazza“ geht mit der
Hälfte an Tischen an den Re-Start

Geöffnet war am Dienstag erstmalig wieder das Restaurant „La Piazza“ am Buttermarkt. „Wir versuchen es jetzt. Und wir hoffen, dass die Kunden die ganzen Umstände annehmen“, sagte Inhaber Paulo Santos am Vormittag, während er die letzten Acrylglas-Scheiben zwischen den Tischen montierte. Die Auflagen seien sicher immens, aber er sei froh, dass es „irgendwie wieder losgeht“. Das Team der Familie Santos geht nach eigenen Angaben mit etwa der Hälfte der Tische an den Start, um Abstandsregeln und Co. einhalten zu können. Das Personal trage Mundschutz. „Wir empfehlen auch den Gästen, einen Mundschutz zu tragen, bis sie an ihrem Platz sitzen. Dann kann der Mundschutz natürlich abgenommen werden“, so Santos. Damit folgt er unter anderem den Empfehlung des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga.

Geöffnet ist das italienische Lokal an Kempens bestem Platze ab sofort wieder mittags und abends. Wer vorbeikommen möchte, sollte vorher telefonisch reservieren (siehe Info-Kasten). „Wir wissen ja nicht, wie groß das Interesse sein wird“, so Santos, der jüngst eher eine Zurückhaltung beim Abhol-Service wahrgenommen habe. „Mal sehen, wie die Leute jetzt die Gastronomie wieder nutzen werden.“ Grundsätzlich sei die telefonische Reservierung aber vonnöten, weil die Betreiber den Besuch der Gäste besser planen müssen also sonst. „So werden wir ja wegen der Hygienebestimmungen auch mehr Zeit brauchen, um einen Tisch zu reinigen und wieder herzurichten“, sagt der Inhaber.