Liebe zum Orgelspiel geweckt
Valerie Hofmeister und Julian Gerst haben erfolgreich die zweijährige Ausbildung bei Kantor Klaus-Peter Pfeifer absolviert.
Willich. „Sind Sie eine durchsetzungsstarke junge Frau?“ Ja? Vielleicht? Mitunter? Nein, eher nicht? Bei Valerie Hofmeister käme nur eine Antwort darauf infrage: „Ja!“ Belege für diese Annahme liefert zuhauf ein Gespräch mit der 18-jährigen Schülerin des Lise-Meitner-Gymnasiums. Anlass ist ihre gerade bestandene zweijährige Ausbildung an der Orgel.
Wie Julian Gerst (19), Schüler der Robert-Schuman-Gesamtschule, kann Valerie nun als Organistin in Gottesdiensten der evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde eingesetzt werden. Valerie und Julian sind junge Kirchenmusiker mit „Befähigungsausweis“. Nennen wir es verspielter: Sie haben ihr Orgel-Diplom.
2010 war Valerie, die seit ihrem elften Lebensjahr Klavier spielt, auf ein Orgelstück von Bach gestoßen, „das ich unbedingt spielen wollte“. Ihr Klavier war dafür ungeeignet. Valerie überlegte und handelte. „Ich habe Kantor Pfeifer angerufen und ihn gefragt, ob er mir nicht die Kirche aufschließen könne, damit ich das Stück auf der Orgel einstudieren kann.“
Das Telefonat war folgenreich. Valerie trat wie Julian dem Chor der Emmaus-Kantorei Willich bei. „Das Singen im Chor der Gemeinde gehört zum Ausbildungskonzept und hat sich bestens bewährt“, sagt Kreiskantor Klaus-Peter Pfeifer. Ihm ist die Freude über den musikalischen Nachwuchs, den er zwei Jahre lang durch die theoretischen und praktischen Grundlagen des Orgelspiels und der Kirchenmusik allgemein begleitet hat, anzuhören: „Beide haben die Aufgaben mit Bravour gemeistert. Souverän präsentierten sie freie Orgelstücke und Konzerte aus alter und neuer Zeit, wussten Gemeindelieder im richtigen Tempo zu begleiten.“ Auch Fragen nach Herkunft und Bedeutung der Lieder, nach Bauart der Orgelpfeifen oder den Sonntagen des Kirchenjahres hätten sie alle beantwortet.
Auch die Schülerin lobt den Lehrer: „Der Unterricht mit Kantor Pfeifer war sehr abwechslungsreich. Einmal“, gluckst Valerie, „durften Julian und ich sogar in die Orgel hineinkriechen.“ Anschauungsunterricht im Instrument als Teil der Ausbildung.
Ihren erhebendsten Moment während der Ausbildungszeit hat Valerie an Karfreitag erlebt. „Ich sollte ein schwieriges Stück von Bach spielen, das sechs Minuten dauert.“ Um es fehlerlos im Gottesdienst vortragen zu können, hatte sich Valerie morgens die Kirche aufschließen lassen: „Ich habe dann bis 14 Uhr an der Orgel gesessen, fünf Stunden lang nonstop geübt.“ Mit Erfolg.
Ihr nächstes Ziel haben Valerie und Julian schon vor Augen. Sie wollen die C-Prüfung schaffen. Beide werden bereits in Gottesdiensten eingesetzt. Valerie spielt am 17. Juni in der Auferstehungskirche in Willich. Im Herbst tritt die Schülerin mit der Kantorei eine Reise nach Lettland an. Valerie wird sie im Dom zu Riga auf der Orgel begleiten. Nächster erhabener Moment in der jungen Karriere — Herzklopfen inklusive.
„Die Orgel ist ein so produktives Instrument“, schwärmt Valerie vom anspruchsvollen Spiel. Ihre Freundin Miriam (15) empfindet wohl eine ähnliche Freude. Sie und ein weiterer Jugendlicher aus Willich werden — wie Valerie und Julian — in zwei Jahren auch den Befähigungsnachweis erbringen. Kreiskantor Pfeifer wird seine Kirche demnächst noch häufiger aufschließen müssen.