Willich Marita Gentsch verabschiedet sich
Die Gemeindesozialarbeiterin übergibt nach 25 Jahren bei der Caritas an Melanie Genz.
Schiefbahn. Der Willicher Marktplatz, die Tafel, der Tauschring, das Freiwilligen-Zentrum, „Plan A“, „Von mir zu dir“, „Johannesschüler engagieren sich“, der „Weihnachtswunschbaum“, ein Treff für alleinerziehende Mütter, die Begegnungsstätte Schiefbahn, das Café International, die Brücke: Wenn Marita Gentsch auf die vergangenen 25 Jahre zurückblickt, kann sie Dutzende von Projekten aufzählen, die unter ihrer Regie entstanden sind. Doch mit ihr als Gemeindesozialarbeiterin des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen wird es keine weiteren neuen Projekte geben. Die Schiefbahnerin verabschiedet sich in die Rente.
An ihrem 65. Geburtstag, dem 31. August, verabschiedet sie sich. „Alles, was ich derzeit tue, mache ich zum letzten Mal. Das ist schon ein komisches Gefühl“, sagt Gentsch mit Wehmut in der Stimme. Leicht fällt ihr der Abschied nicht. Zu viele Erinnerungen hängen an dem Vierteljahrhundert. Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen, die Gentsch nicht vergessen kann und die sie ein stückweit mit geprägt haben.
„Ich bin jeden Tag mit Begeisterung zur Arbeit gegangen. Ich habe hier sehr gerne gearbeitet, wenn es auch nicht immer leicht war. Es gab Situationen, da habe ich im Büro gesessen und bitterlich geweint. Gerade am Anfang war es schwer. Stadt und Politik haben mir so manchen Stein in den Weg gelegt. Aber ich habe mich nie unterkriegen lassen“, sagt Gentsch. So erinnert sie sich noch heute an eine Situation im Sozialausschuss der Stadt Willich. Damals baute sie gerade mit viel ehrenamtlicher Unterstützung das Freiwilligen-Zentrum auf. Es war unheimlich viel Arbeit, und sie sollte im Ausschuss über den Stand der Dinge referieren. Doch statt Interesse und anerkennender Worte gab es von Seiten der Politik nur die böse Bemerkung, ob sie nicht mehr geschafft hätte. „Die Mischung aus Wut, Ärger und Traurigkeit ließen mir im Ausschuss die Tränen in die Augen treten. Kaum jemand von politischer Seite hat uns einmal im Büro besucht, Interesse bekundet und das Gespräch mit uns gesucht“, bedauert Gentsch.
Wohlwohlende Unterstützung gab es aber von Seiten der Stadt. Gentsch betont, dass sie ohne ihr Team und die vielen ehrenamtlichen Helfer all diese Dinge, die im Laufe der Jahre entstanden sind, gar nicht hätte auf die Beine stellen können. Vom Team gibt es indes Lob, dass die studierte Sozialarbeiterin immer für Ideen offen gewesen und diese unterstützt hätte. „Die Atmosphäre war eine besondere“, sagt Mitarbeiterin Angelika Uth-Flatow.
Der Aufbau der Begegnungsstätte, bei der Gentsch jeden Tag Entwicklungsschritte sehen konnte, der Spaß, den die Organisation des Projektes Marktplatz mit sich brachte — wenn Gentsch auf die Projekte zurückblickt, strahlen ihre Augen. Ein absolutes Aha-Erlebnis gab es, als eine junge Frau, die finanziell völlig am Ende war, sich an die Gemeindesozialarbeiterin wandte. „Ich gab ihr 200 Euro vom Caritasverband, die sie behalten durfte. Monate später kam diese Frau zurück und überreichte mir 250 Euro mit den Worten, ihr habe das Geld damals so geholfen, nun wolle sie es zurückgeben, und mit den 50 Euro solle ich anderen Menschen helfen, die vielleicht in einer ebensolchen Lage wären, wie sie es damals war“, erzählt Gentsch.
In all den Jahren waren der engagierten und dynamischen Gemeindesozialarbeiterin die Vernetzung und die Kooperation wichtig. Die Nachfolge von Gentsch tritt Melanie Genz an, die bereits seit anderthalb Jahren zum Team gehört.