Mit Rammbock gegen Robin Hood
Die Eroberung des Neersener Schlosses durch die Narren war nur Formsache. Doch dabei wurden Maximalforderungen erhoben.
Neersen. „Beim dritten Versuch geht das Schlossportal auf. Das war immer so — und ich habe auch nicht mehr Munition dabei.“ Das sagte Karsten Peglow, der wie in den vergangenen Jahren als Mitglied der Schiefbahner Hubertusschützen ohrenbetäubend laute Böllerschüsse abgab, wenn sechs Tänzerinnen der Prinzengarde mit dem Rammbock die Tür berührten. Diesmal schoss auch sein Sohn Sascha — und die Schlosstüre öffnete sich tatsächlich beim dritten Versuch.
Zuvor hatten Hans Nielbock, der Vorsitzende und Präsident des Festausschusses Willicher Karneval, um 18.11 Uhr Forderungen wie diese gestellt: „In Alt-Willich muss eine bezahlbare Veranstaltungshalle gebaut oder hergerichtet werden, damit die KG Edelweiß wieder große Sitzungen abhalten kann.“ Auf der Wunschliste standen außerdem ein Shuttlebus, der bei großen Karnevalsveranstaltungen zwischen den einzelnen Ortsteilen verkehrt. Zudem eine Überdachung des Schlosshofes — vor allem für die Besucher der Festspiele.
Kinderprinzessin Leonie II. Bommels, die flankiert wurde von ihrer Ministerin Isabella und ihrem Minister Maurice, stellte ebenfalls Maximalforderungen. Sie wünschte sich ein Trampolin für die Vinhovenschule, ein Jahr lang schulfrei, Süßigkeiten — und endlich vernünftige innerstädtische Busverbindungen.
Die Prinzengarde war mit rund zwei Dutzend Mitgliedern vertreten, mit dabei waren unter anderem der Vorsitzende Frank Schreiber sowie der Generalfeldmarschall Herbert Hoedemakers. Eine weitere stattliche Gruppe: Die als Mexikaner verkleideten Mitglieder des Tambour- und Fanfarenkorps St. Sebastianus Willich, die die alten und neuen Machthaber im Schloss wenig später zum Wahlefeldsaal begleiten sollten. Eingefunden hatten sich auf dem Schlosshof auch Vertreter der Willicher Karnevalsgesellschaften. Die Stimmung bei den „Aach Blenge“, die den Tulpensonntagszug organisieren, war gut: 39 Gruppen werden übermorgen einen stattlichen närrischen Lindwurm bilden.
Im Schloss war die Stimmung gut, wenn nicht sogar sehr gut. Bürgermeister Josef Heyes und Kämmerer Willy Kerbusch wollten Sparsamkeit beweisen und hatten ihre alten Robin-Hood-Kostüme wieder hervorgekramt. Die Technische Beigeordnete Martina Stall hatte sich als Kleopatra verkleidet, Ratsmitglied Sonja Fucken-Kurzawa als Einhorn und Theresa Stoll als „Wunder“. Der stellvertretende Bürgermeister Guido Görtz und seine Lebensgefährtin Diana Reim trugen Helme und Warnwesten, auf denen vier Bauprojekte geschrieben standen: Willicher Markt, Anrather Männerhaus, Seniorenzentrum Neersen und Schiefbahner Dreieck. „Wir sind die Bauaufsicht und sorgen dafür, dass es mit den Baumaßnahmen voran geht“, sagte Görtz.
Wer schwärmt noch von Sascha Hehn? Der Vorsitzende des Planungsausschusses, Christian Pakusch, trug eine schmucke weiße Traumschiffkapitäns-Uniform. „Hast Du die von Dieter Lambertz ausgeliehen?“, scherzte Görtz.
Bürgermeister Josef Heyes rückte nach der Erstürmung den Schlüssel und die Stadtkasse raus und ging auf einige Forderungen der Narren ein: „Jecke in den Stadtrat — dieses Integrationsproblem hatten wir bereits.“