Niederrhein-Theater im Ratssaal von St. Tönis
Das Ensemble überzeugte mit einer bewegenden Aufführung des Dramas. Zuschauer kamen allerdings nur wenige.
St. Tönis. Es ist eines der viel gespielten Stücke des schwedischen Dramatikers August Strindberg, das jetzt in der Reihe „Kultur im Rathaus“ vom Niederrhein-Theater Brüggen im Ratssaal von St. Tönis vor leider nur ganz wenigen Zuschauern aufgeführt wurde: „Fräulein Julie“ ist eine schicksalhafte Tragödie.
Die Handlung hat viel mit Strindbergs eigenem Leben zu tun: Er stammte aus einfachen Verhältnissen und war selbst mit einer Adeligen verheiratet, mit Siri von Essen. Die Ehe ging aber nicht gut, das Paar wurde geschieden. Im Grunde zeichnet August Strindberg ein Sittengemälde mit dem Kampf einer längst dem Untergang geweihten Herrschaftsclique und einer neuen, aber noch längst nicht gereiften Gesellschaftsschicht.
Zur Handlung: Die Grafentochter Julie reizt in Feierlaune voller Koketterie den Diener Jean, fordert ihn zum Tanz auf und zieht als hochmütiges Adelskind mit dem bis dahin braven Burschen ein Verwirrspiel um Verführung und Zurückweisung auf. Der Diener will sich zuerst auf nichts einlassen. Als aber Julie in übermütiger Feierlaune in die Kammer des Dieners Jean gelangt, verführt dieser sie, angestachelt von ihren Verlockungen. Sie wird seine Geliebte.
Der Diener war verlobt mit der Köchin Kristin. Er setzt mit seinem Abenteuer seine Verlobung aufs Spiel, Kristin aber vergibt ihm. Der Diener möchte Julie verleiten, sich Geld ihres Vaters zu besorgen und mit ihm ein Hotel in der Schweiz zu eröffnen.
Diese aber kann sich ein Leben dieser Art nicht vorstellen. Eine Chance für die beiden gibt es nicht, es kommt zu wüsten Auseinandersetzungen, bis Jean ihr den Selbstmord als letzten Ausweg aufzeigt. Er gibt ihr sein Rasiermesser, sie schneidet sich die Kehle durch.
Strindbergs düsteres Stück um die gefallene Grafentochter ist emotional und wird in der Inszenierung von Verena Bill, die auch selbst die Titelrolle spielt, von den Akteuren bewegend dargestellt.
Michael Koenen ist dabei ein facettenreicher Diener, erst brav, dann wild und beherrschend. Die Schauspielerin Carmen-Marie Zens überzeugt als resolute Köchin Kristin. Ein Schauspielabend, der mehr Besucher verdient gehabt hätte, dem Ensemble aber verdienten Beifall einbrachte.